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Verteidiger von mutmaßlichem Lübcke-Mörder: Bin kein Szeneanwalt

24.06.2020, 13:00
Mustafa Kaplan (l) und Frank Henning (r), die Anwälte von Stephan Ernst. Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters-Pool/dpa/Archivbild
Mustafa Kaplan (l) und Frank Henning (r), die Anwälte von Stephan Ernst. Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters-Pool/dpa/Archivbild Reuters-Pool

Frankfurt/Main - Er wurde in der Türkei geboren, war Opferanwalt im NSU-Prozess und verteidigt nun den mutmaßlichen Lübcke-Mörder Stephan Ernst: Für den Kölner Rechtsanwalt Mustafa Kaplan ist die Verteidigung eines Mannes, dessen Tat durch rechtsextremes Denken motiviert gewesen sein soll, nichts Ungewöhnliches. „Ich bin nun mal kein Szeneanwalt”, sagte Kaplan der Tageszeitung „Hürriyet” in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview. „Bei meiner Entscheidung, ob ich ein Mandat annehme, spielt es keine Rolle, welchen religiösen, ethnischen oder politischen Hintergrund mein Mandant hat. Ich bin da komplett farbenblind.”

Der Prozess gegen Ernst und den wegen Beihilfe angeklagten Markus H. findet derzeit vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt statt. Er sei überrascht gewesen, dass Ernst ausgerechnet einen türkischstämmigen Rechtsanwalt als Verteidiger wollte, räumte Kaplan ein, der bislang in dem Prozess resolut auftrat und gleich am ersten Prozesstag einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter gestellt hatte. Er habe Ernst erst treffen und dann entscheiden wollen, ob er das Mandat übernehme. Für ihn sei wichtig, dass sich der Mandant öffne und die Beratung annehme.

„Wir werden ein professionelles Anwalt-Mandant-Verhältnis haben. Das wird bis zum Schluss so bleiben”, sagte Kaplan, der mit seinem Co-Verteidiger Frank Hannig betont hatte, Menschen und nicht Taten zu verteidigen. „In einem Rechtsstaat hat jeder Angeklagte, ganz gleich ob ihm einfacher Diebstahl oder aber schwerste Verbrechen vorgeworfen werden, einen Anspruch auf bestmögliche Verteidigung. Ich nehme den Punkt der Rechtsstaatlichkeit daher sehr ernst.”

Ernst soll Anfang Juni vergangenen Jahres den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke auf der Terrasse von dessen Wohnhaus erschossen haben. (dpa/lhe)