Turnen Turnen: Marcel Nguyen sägt an Hambüchens Thron

Frankfurt/Main/dpa. - In einem dramatischen Duell hatte derEuropameister aus Wetzlar erst in letzter Sekunde mit einer Gala amReck den Angriff des «Mr. Nobody» aus Unterhaching abgewehrt und sichden Premieren-Sieg bei der Champions Trophy und die 15 000 EuroPrämie gesichert. Weltklasse-Konkurrenten aus fünf Nationen spieltenbeim großartigen Duell der beiden Deutschen nur Nebenrollen.
Der 21 Jahre alte Nguyen, schon seit 2005 regelmäßig beiWeltmeisterschaften und auch in Peking bei Olympia ein Stütze derdeutschen Riege, ist in Frankfurt am Main endgültig aus dem langenSchatten des deutschen Super-Turners herausgetreten. «Ich trainiereerst ein paar Wochen den Mehrkampf. An den Sieg hier hätte ich niegedacht», meinte er zurückhaltend, obwohl er vom ersten Gerät an dieFans mit seinen stabilen Leistungen verblüffte. Um den «König» abernoch ernsthafter zu bedrängen, hätte es am Barren desTsukahara-Abgangs bedurft, den der Sohn eines vietnamesischen Vatersals derzeit einziger Turner der Welt beherrscht. In letzter Sekundescheute der «Athlet mit asiatischer Leichtbauweise» - so CheftrainerAndreas Hirsch - aber das extreme Risiko und nahm glücklich die11 000 Euro für Platz zwei in Empfang.
Hambüchen, der wie schon bei der EM Mailand trotz zweier schwererFehler dank seiner Nervenstärke und enormen Ausgeglichenheit siegte,freut sich über die neue Konkurrenz. «Ich hätte nie gedacht, dass ichgegen Marcel einen solchen Fight hinlegen muss. Jetzt bin ich frohüber den Doppelsieg. Aber auch wenn es andersherum ausgegangen wäre:Ich hätte Marcel den Sieg gegönnt», meinte Hambüchen voller Sympathiefür seinen gleichaltrigen Herausforderer. Für den Hessen hätte es dasEnde einer langen Erfolgsserie bedeutet, denn seit Olympia 2004 - imFinale gegen Sergej Pfeifer aus Hannover - ist er im Mehrkampf vonkeinem Landsmann mehr bezwungen worden.
Natürlich soll diese Erfolgssträhne nun auch die deutschenMeisterschaften im Rahmen des Turnfestes überdauern. «Dieser Titelist mir wichtig, in den Geräte-Finals muss ich sehen, ob die Kräftereichen», kündigte der Wetzlarer für Mittwoch an. Dann brennt auchder EM-Vierte Philipp Boy auf Revanche. Der Cottbuser landete nachPatzern an Pferd, Sprung und Reck diesmal nur auf Platz sieben.
Der Cheftrainer freut sich natürlich über die neue Qual der Wahlund kündigte vor der nächsten Trophy in Berlin am 19. September einAusscheidungs-Turnen an, denn für die Deutschen sind nur zwei Plätzebei der mit über 270 000 Euro bestdotierten Turner-Serie reserviert.Nguyen durfte in Frankfurt nur dabei sein, weil sichVize-Europameister Daniel Keatings (Großbritannien) kurzfristigverletzte. «Über Platz eins wird nicht diskutiert. Ohne Fabian gäbees keine Trophy. Platz zwei werden wir bei der WM-Qualifikationausloten. Wir sind beim Sport und nicht beim Kino», unterstrichAndreas Hirsch.
Die Premiere der neuen Serie fand von allen Seite Beifall. Format,Brisanz, Stimmung - alles passte in der Ballsporthalle. Nur dieleeren Werbebanden sind den Machern ein Dorn im Auge. «So ist dieGroßwetterlage: Kein Unternehmen will derzeit in etwas Neuesinvestieren», bedauerte Robert Baur, der Organisator des StuttgarterWeltcups. Er setzt aber auf die Ausstrahlung der Auftakt-Show undhofft für Berlin auf eine ausverkaufte Max-Schmeling-Halle.
