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Turnen Turnen: Fabian Hambüchen holt Olympia-Bronze am Reck

Von Frank Thomas und Christian Hollmann 19.08.2008, 12:13

Peking/dpa. - Zwar musste er nicht zum dritten Mal innerhalb einerWoche das Königsgerät verlassen, doch die Final-Übung war eineinziger Krampf. Niedergeschlagen und den Tränen nah musste er mitansehen, wie der Chinese Zou Kai (16,20) und der Amerikaner JonathanHorton (16,175) an ihm vorbeizogen. Am Ende des Wellenbades derGefühle stand mit Bronze zumindest ein kleines Trostpflaster, das demTop-Favoriten dann doch ein flüchtiges Lächeln über das Gesichthuschen ließ.

«Eine Medaille ist ja eigentlich nicht schlecht, aber ich war soauf das verdammte Gold fixiert. Es ist schon fast ein dummeEinstellung, wenn man sich so auf Gold konzentriert und sich dannnicht mal richtig über Bronze freuen kann», gestand er bedauernd.«Mein goldener Traum ist geplatzt, aber Bronze ist auch Klasse. Ichwerde noch einige Minuten brauchen, bis ich mich freue. In vierJahren greife ich wieder an», sagte er. Um den gesamten Wettkampf zuverarbeiten, brauche er noch ein, zwei Tage. «Das war nicht so meineWoche», erklärte Hambüchen.

Direkt nach seiner Übung war er noch traurig auf seinen Stuhlgesunken und hatte abwesend die Konkurrenten beobachtet, nachdem dieKampfrichter in der A-Note zurecht Abzüge von 0,3 Punkten wegen desverpatzten Adlers mit ganzer Drehung vornahmen. «Ich war so sauer aufmich.» Dass es mit 15,875 Punkten - sein Weltrekord steht bei 16,65 -am Ende noch zu Platz drei reichte, verdankte er schließlich derMehrzahl der Gegner, die auch nicht fehlerfrei durch ihre Übungenkamen. «Erst dachte ich, alles ist aus, die Medaille ist futsch. Alsich vor dem letzten Turner, dem Italiener Cassina, immer noch Dritterwar, ging mir aber die Pumpe», räumte er ein.

Auf jeden Fall sei es nicht Nervosität gewesen, die ihnbehinderte, versuchte sein Vater einzulenken. «Man muss ihm hochanrechnen, dass er nach dem Fehler den Karren nicht hingeworfen undgut improvisiert hat», sagte Wolfgang Hambüchen. Trotz Bronze bliebdem Sohn die Erkenntnis, dass er seine schwierige Übung dreimal sounkonzentriert wie noch nie zuvor in diesem Jahr angeboten hatte.Damit platzte der Kindheitstraum des 20-Jährigen vom Olympiasieg.

Obwohl das «Unternehmen Gold» so bitter scheiterte, kann Hambüchenauch ohne den angekündigten Titel seinen Marktwert erstmals insiebenstellige Bereiche steigern. «Man muss nicht unbedingt siegen,auch als fairer Verlierer können wir ihn gut vermarkten», meinte seinManager Klaus Kärcher.

Zuvor hatte Fabian Hambüchen noch im Barren-Finale ein glänzendesErgebnis erzielt und mit 15,975 Punkten nur haarscharf eine Medailleverpasst. Ein Resultat, das im Gegensatz zum Reck keiner von ihmerwartet hatte. Es war allerdings bereits das dritte Mal nachTeamwettkampf und dem Boden, dass er so knapp am Siegerpodestvorbeischrammte.

Altmeister Li Xiaopeng besorgte nach seinem Sieg vor acht Jahrenin Sydney das erneute Gold für die überragenden Turner desGastgeberlandes. Insgesamt gewannen die Chinesen neun der 14 Titel.Seit der sowjetischen Dominanz 1956 in Melbourne (11 Siege) hattekeine Nation die olympischen Turn-Wettbewerbe so eindrucksvollbeherrscht. Am Schwebebalken sicherte sich Mehrkampf-Siegerin NastiaLiukin (USA) mit Silber hinter ihrer Teamgefährtin Shawn Johnson ihrefünfte Olympia-Medaille in Peking.