Turnen Turnen: Fabian Hambüchen holt in Ungarn sein erstes EM-Gold

Debrecen/Ungarn/dpa. - Der «Turn-Professor», der in Athen mit Brille zu Platz sieben«geflogen» war, brachte seine drei Flugelemente - zwei MalTkatschow-, ein Mal den Gienger-Salto - auch diesmal sauber über dieStange und durfte sich nach der Traumnote von 9,750 Punkten alsachter deutscher Reck-Europameister feiern lassen. Er beendete damitzugleich eine lange Durststrecke deutscher Turner, die bei EuropasTitelkämpfen seit sieben Jahren leer ausgegangen waren und erstmalsseit 1992 (Andreas Wecker in Budapest) wieder zu Titelehren kamen.
«Nachdem Cassina und Gontscharow die Super-Dinger rausgekloppthatten, ging ich in die Ecke und machte ein bisschen Mental-Training.Beim Stand wusste ich: Das kann gereicht haben», sprudelte es aus demTurn-Ass heraus. Platz zwei ging an Olympiasieger Igor Cassina(Italien/9,737) vor dem Ukrainer Waleri Gontscharow (9,687). «DasFinale war noch hochkarätiger und spannender als das von Athen.Fabian hat das phänomenal gelöst», meinte Chefcoach Andreas Hirsch.«Super-Wahnsinn. Ich hatte auf gar nichts mehr gehofft, als dieanderen solche tollen Leistungen vorgelegt hatten», gestand VaterWolfgang Hambüchen.
Zuvor war Thomas Andergassen haarscharf an seiner ersten Medaillevorbeigeschrammt. Mit einer optimalen Barren-Übung (9,412) kam er aufPlatz vier, nachdem er am Morgen seine Seitpferd-Übung (7./9,112Punkte) verpatzt hatte. «Das war ein versöhnlicher Abschluss. Ich binviel lockerer rangegangen als am Pferd. Dort ist mir der Ellenbogenist weggeknickt und Aus war es», meinte der Stuttgarter, der aber denAbsteiger nur schwer verwinden konnte: «Das ist besonders ärgerlich,denn heute war viel mehr drin.» Erst vor wenigen Wochen war er an derHüfte operiert worden, ist aber noch nicht schmerzfrei. «Noch voreiner Woche habe ich vor Schmerzen kaum schlafen können», meinte er.
Umstritten erkämpfte Lokalmatador Krisztian Berki denSeitpferd-Titel und verhinderte damit den vierten EM-Sieg desrumänischen Ausnahmekönners Marius Urzica. Dessen Landsmann MarianDragulescu machte am Boden seinen insgesamt achten EM-Titel perfekt.Am Barren war Manuel Carballo (Spanien) nicht zu schlagen.
Tags zuvor war mit dem Saarländer Eugen Spiridonov erstmals seitelf Jahren ein Deutscher unter die Top Ten im Mehrkampf gekommen.Nach fehlerfreier Übung landete der gebürtige Russe auf Platz neun(53,311) und entschied das interne Duell gegen Christian Berczes(Halle/12./52,310) zu seinen Gunsten. In einer spannendenAllround-Entscheidung hatte Rafael Martinez den Sieg mit einerstarken Reck-Kür (9,65) noch aus dem Feuer gerissen. Er düpierte denbis dahin führenden Rumänen Razvan Selariu (55,237) und holte 48Jahre nach dem Erfolg von Joaquim Blume den zweiten Allround-Titelnach Spanien (55,359).
Das erste Mehrkampf-Gold für Frankreich erkämpfte AußenseiterinMarine Debauve (37,098) in einer Wimpernschlag-Entscheidung mit24/100 Punkten vor Anna Pawlowa (Russland). Zuvor waren fast alleFavoritinnen am «Zitterbalken» gescheitert. Die Vorkampf-ZweiteElizabeth Tweddle (Großbritannien) stürzte schon beim Einturnen vomStufenbarren auf den Nacken. Im Krankenhaus wurde bei ihr eineleichte Gehirnerschütterung, aber kein Wirbelbruch diagnostiziert.Olympiasiegerin Emilie Lepennec (Barren) und Isabelle Severino(Boden) rundeten den französischen Triumph mit weiteren Titeln ab.Die 15-jährige Francesca Benolli (Italien) beeindruckte mit dem Siegam Sprung, Catalina Ponor (Rumänien) verteidigte den Titel am Balken.