Triathlon Triathlon: Jan Frodeno gewinnt überraschend Gold
Peking/MZ. - Grüne Hügel umranden dieWettkampfstätte nahe den berühmten Ming-Gräbern,auf einer kleinen Insel im Stausee thronteine Pagode.
"Das ist ein Moment, den ich in Gedanken sooft durchgegangen bin. Olympia war immer meinTraum, und jetzt ist der Traum wahr geworden",surrt der schlanke Mann mit dem Kurzhaarschnitt,der in der Nacht zuvor vor Aufregung nur zweiStunden geschlafen hat, und sagt: "Für michist das heute ein inneres Freilaufen." AmMontag ist er 27 geworden, seine Eltern habendem von der Fliegerei begeisterten Sohn einenKunstflug geschenkt. "Etwas Red-Bull-Air-Race-Mäßiges",beschreibt Frodeno die "kleine Bescherungvor dem Olympischen Dorf." Bei diesem Wettbewerbführen die Kunstflieger halsbrecherische Manövervor.
Für die große Bescherung sorgte er beim sportlichenMix aus Schwimmen, Radfahren und Laufen selbst.In einem dramatischen Finish düpierte dergebürtige Kölner die Berühmtheiten seinerBranche. "Als ich mit den letzten drei Jungsvorneweg lief, dachte ich mir: Hey, das sindwirklich die ganz Großen im Triathlon", erzählteFrodeno. Und von dem Moment, in dem er dieentscheidende Eingebung hatte: "Lies ab soforteinfach nicht mehr die Namen auf ihren Trikots."
Gedacht, getan. Er erwies sich als begnadeterIgnorant. Zunächst konnte der Spanier FranciscoJavier Gomez (25) nicht mehr mithalten. Dannfiel der Neuseeländer Bevan Docherty (31)zurück, ehe Frodeno dem Kanadier Simon Whitfield(33) mit einem atemberaubenden Schlussspurtweglief.
Noch drei Stunden nach dem Rennen ließ sichder leidenschaftliche Wellenreiter, Beachvolleyballerund Hobbykoch von den deutschen Fans untenam See feiern. "Frodo, Frodo", schallt esüber den See herüber. Als einer fragt, wiees mit ihm jetzt weitergeht, sagt er lächelnd:"Mein Lebensplan hat bis vor einer Stundegedauert." Und in dem Moment, als er das Zielbandmit beiden Händen herunterriss, war er beendet."Ich hatte keinen Plan B. Plan A musste klappen."
Z-TITEL: "Ich hatte keinen Plan B. Plan A mussteklappen." Jan Frodeno Olympiasieger TriathlonAngefangenhatte Plan A vor acht Jahren. Jan Frodenolebte mit seinen Eltern schon seit 1991 inKapstadt. Bei einem Urlaub hatten sich Mutterund Vater Frodeno in Südafrika verliebt unddort anschließend eine neue Existenz aufgebaut.Dann machte ihr Sohn um die Jahrtausendwendesein Abitur, bestritt parallel dazu den erstenTriathlon, infizierte sich sofort mit dem,was er das "bekannte Triathlon-Virus" nennt– und überlegte sich nach dem Schulabschluss:"Was will ich mit meinem Leben anfangen?"
Jan Frodeno entschied sich für Extremsport.Bis 2004 blieb er noch in Südafrika. Dannverhökerte er sein Fahrrad und kaufte sichfür das Geld ein Flugticket nach Deutschland.Mit Zwischenstopps in Sigmaringen und Freiburglandete er schließlich am Triathlon-Stützpunktin Saarbrücken. Dort lebt er jetzt in einer3er-WG mit seinen Trainingspartnern Anja Dittmerund deren Freund Kris Gemmel und bereitetesich wie ein Asket auf die Spiele in Pekingvor.
"Ich habe mir eine Matratze auf den Bodengelegt, die olympische Fahne an die Wand gehängtund mich zwei Monate lang von Wasser und Reisernährt", erzählt Frodeno grinsend. Ein hartesBrot, gerade für einen leidenschaftlichenEsser wie ihn.