Treffpunkt Mittelalter Treffpunkt Mittelalter: Leben mit «Schröder» wie bei den Slawen
Weißenfels/MZ. - "Schröder" hat neben der zehnjährigen Lisa Bast aus der Klasse 5 b der Weißenfelser Neustadt-Schule einen guten Platz. Der rotbraune Mischlingshund gehört Anette Respondek und scheint sich in den Weißenfelser Badanlagen unter so vielen Kindern schon am Morgen pudelwohl zu fühlen. Seit Dienstag heißt es hier an der Saale Treffpunkt Mittelalter. Mitglieder des Vereins Ukranenland aus Torgelow in Mecklenburg-Vorpommern sind der Einladung des hiesigen Seumeclubs zu dessen zehnten Geburtstag gefolgt und haben bis zum Sonntag ihr historisches Slawenlager aufgeschlagen. Hauptattraktion ist die "Svarog", ein originalgetreues Slawenboot, in dem schon um 8 Uhr die ersten Schüler unter Anleitung von Bootsführer Dirk Krotz kräftig rudern.
"Das war ganz schön anstrengend", beteuert Eileen Ziemann, während sie mit ihren Klassenkameradinnen Sarah Langhammer und Lisa Bast anschließend bei Nicole Walther Schafwolle dreht, dann mit Wasser und Seife versetzt und daraus Bälle formt. "So einen schönen Wandertag unserer Klasse habe ich selten erlebt. Die Bootsfahrt war ganz toll", schwärmt Steffen Dose, der sich nach der Ruderpartie gleich in die nächsten historischen Abenteuer stürzt. Bei Mario Sela vom Verein Ukranenland darf sich der Zwölfjährige mit seinen Freunden im Schmieden von Messerklingen erproben. Jens Schirmmeister bietet Pfeil- und Bogenschießen an. Und bei Stefan Matejanski werden Holzlöffel geschnitzt, von denen der Verein auch einige als Souvenirs anbietet.
Doch nicht nur hölzerne Mitbringsel oder selbst gedrehte Kerzen können Besucher hier erstehen, erklärt Anette Respondek. Die Leiterin des Mittelalter-Lagers verweist auf Tonperlenketten und Lederarmbänder, die der Verein aus Torgelow mitgebracht hat. "Uns gibt es seit acht Jahren", berichtet die 39-jährige Landwirtin. Ihr Hobby, das Leben im frühen Mittelalter, hat sie inzwischen wie 20 andere Idealisten auch zum Beruf gemacht. "Das war vor sechs Jahren", blickt Anette Respondek zurück, die sich auch ihr Gewand in den naturbelassenen Farben selbst genäht hat. "Geschickte Finger und Interesse für die Historie braucht man schon, um bei den Ukranen mit zu agieren. Man muss bei uns Idealist und geistig fit sein." Gewänder und Requisiten des Mittelalterdorfes und Freilichtmuseums Ukranenland seien "Marke Eigenbau". Ebenso natürlich die beiden nach slawischen Gottheiten benannten Schiffe "Svantevit" und "Svarog", mit denen der Verein, gefördert von der Stadt Torgelow, dem dortigen Arbeits- und dem Jugendamt, außerdem viele Interessenten für Projekttage bedient. Demnächst soll ein drittes Schiff, eine Kogge, Gestalt annehmen.
Meistens seien es Schulklassen in Mecklenburg-Vorpommern von Demmin bis zur Insel Usedom, die im Land der Ukranen auf Abenteuersuche gehen und beim Erkunden von altem Handwerk so manches Geheimnis lüften. In Sachsen-Anhalt sei man nun zum ersten Mal zu Gast. Der Zufall wollte es so, dass Seumeclubchefin Ilonka Zeh die "Svarog" auf der Leipziger Spielemesse entdeckte und sofort Kontakt zu dem Verein als Träger aufnahm. 30 über ABM Beschäftigte sind neben den Festanstellungen in Projekte des Mittelalterdorfes eingebunden. Nicole Walther gehört mit 22 Jahren zu den jüngsten im Slawenland, für dessen Projekte es im Seumeclub bis jetzt 500 Anmeldungen aus Weißenfels, Lützen und Naumburg gibt.