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Trauersymbole: Kleine Nadelbäume als Grabschmuck

Von Helga Panten 30.10.2009, 08:12

Bonn/dpa. - Lebensbaum, Kiefer und Konifere - diese immergrünen Nadelgehölze prägen häufig das Bild von Friedhöfen. Und das meist gleich in zweifacher Form: als mächtige Bäume, die den Friedhof eingrenzen, und als Mini-Ausgabe auf den Gräbern.

Aber sind die Kleinformate wirklich mit den Großen verwandt? So unglaublich es erscheint: Die nur 60 Zentimeter hohe Thuja occidentalis 'Danica' ist nichts anderes als eine Sorte des 20 Meter hohen Lebensbaumes (Thuja occidentalis). Auch von der Hemlockstanne (Tsuga canadensis) oder der Rotfichte (Picea abies), die bis zu 50 Meter hoch ragen kann, gibt es winzige Formen. Wie kommt das? Halten Gärtnertricks sie klein? Müssen sie ständig gestutzt werden? Sind das Bonsais? Nichts von alledem: Die Kleinen sind entweder Züchtungen aus Gärtnerhand oder - häufiger noch - Launen der Natur.

Züchtung aus Gärtnerhand braucht einen langen Atem. Sie bedeutet Kreuzen von relativ kleinwüchsigen Formen, Aussäen, Bewerten der Sämlinge und Auslesen vielversprechender Exemplare. Fast immer sind mehrere Versuche nötig. Die Zwergform der Tränen-Kiefer, Pinus wallichiana 'Nana', ist das Ergebnis solcher Mühen. Sie wächst nicht höher als 150 Zentimeter, bildet buschig-kugelige Polster mit dekorativ hängenden, bläulich-grünen Nadeln. So bildet sie einen wunderbaren Kontrast zu einem mächtigen aufrechten Grabstein. 

Manchmal liefert auch die freie Natur Kleinwüchsiges für Grab und Garten - nur muss ein wachsames Auge sie entdecken. In der Wildnis können die Zwerge zwischen normal großen Nadelgehölzen stehen. Die Zuckerhut-Fichte (Picea glauca 'Conica') wurde so 1904 in den Bergen Kanadas gefunden.

Häufig fördert auch der Blick in die Gehölzkronen Kleinwüchsiges zu Tage. Dort kann sich sehr dichtes, kompaktes Zweiggewirr in der Krone als dunkle Kugel vom normalen Wuchs abheben. Fachleute bezeichnen diese Auswüchse als Hexenbesen. Manchmal ist ein Parasitenbefall von Pilzen oder Viren die Ursache. Bei den Nadelgehölzen ist das aber meist nicht der Fall. Sie neigen vielmehr zu Knospenmutationen, also zu spontanen genetischen Veränderungen, die den kompakten Wuchs verursachen.

Für die Gärtner ist das ein Glücksfall. Denn die Knospenmutationen tragen den kompakten Wuchs dauerhaft in ihren Genen. Werden von ihnen Steckhölzer geschnitten und bewurzelt, bleiben die daraus heranwachsenden Pflanzen klein, manchmal winzig klein. Es kommt also nur darauf an, sie in den Baumkronen zu entdecken, hinaufzuklettern und ein paar Steckhölzer zu gewinnen. Etliche der Klein-Koniferen, die heute auf Gräbern wachsen, sind so entstanden.

Das extrem langsame Wachstum, das allen echten Kleinwüchsigen zu eigen ist, erklärt auch den vergleichsweise hohen Preis der Klein-Koniferen. Es dauert Jahre, bis aus einem Steckholz eine verkaufsfähige Pflanze geworden ist. Billig sind Klein-Koniferen daher nie. Wer sehr preisgünstige kleine Nadelgehölze fürs Grab entdeckt, fragt besser nach, ob das vermeintliche Schnäppchen nicht einfach ein normales junges Nadelgehölz ist, das in kurzer Zeit die Grabstelle sprengen würde.

Grundsätzlich stellen die Kleinen ähnliche Ansprüche an den Boden wie die Großen. So braucht auch die kleine Tränenkiefer einen vor Wind und Sonne geschützten Platz. Die Zuckerhut-Fichte liebt viel Licht, kühl-feuchte Lagen und versagt im heißen Stadtklima. Die Mini-Kiefern sind lichthungrig, aber empfindlich gegenüber Salzen. Letztlich gibt es für jedes Grab das richtige kleine Nadelgehölz.

Trauer braucht Symbole. Wenn Schmerz sich in Worten nicht ausdrücken lässt, dann können Sinnbilder helfen. Pflanzen spielen dabei eine wichtige Rolle. Stärker als uns im Alltag bewusst sein mag, sprechen sie eine Symbolsprache, die den meisten Menschen verständlich ist. Deshalb sind Pflanzen als Grabschmuck besonders beliebt. Eine besondere Bedeutung haben die immergrünen Nadelgehölze: Sie überdauern, wenn im Winter alles andere scheinbar stirbt. Das macht sie seit Jahrhunderten zu Zeichen von Stärke, Unsterblichkeit und Überwindung des Todes.