Tourismus Tourismus: Travemünde ohne Buddenbrooks

Travemünde/dpa. - Thomas Mann würde Travemünde auf den ersten Blick wohl gar nicht wieder erkennen. 50 Jahre ist es her, dass der Literatur-Nobelpreisträger das letzte Mal dort an der Ostsee spazierenging. Und noch viel mehr hat sich verändert seit der Zeit, als im Roman Tony Buddenbrook und Morten Schwarzkopf verliebt zwischen Kurhaus und Musiktempel am Warmbadehaus vorbei zum Strand schlenderten. Die «Buddenbrooks» haben Thomas Mann berühmt gemacht und Travemünde einen Platz in der Weltliteratur gesichert.
Das Seebad der gut betuchten und leicht versnobten Lübecker, die im 19. Jahrhundert dort den Sommer verbrachten, ist längst Geschichte. Travemünde ist aber auch heute noch ein Ziel für den Strandurlaub: Im Sommer herrscht Hochbetrieb, auf der Promenade ist oft kein Durchkommen mehr. Deutschlands drittältestes Seebad, das sich seit 1802 auf diesen Titel viel zugute hält, ist dabei um viele Dezibel lauter geworden: Am Leuchtenfeld, zu Buddenbrooks Zeiten noch eine Weide, herrscht an heißen Tagen geradezu Rummelplatzatmosphäre. Etliche Stände reihen sich aneinander - das Angebot ist kompatibel mit dem Massentourismus und reicht von Pils bis Pizza.
Architektonisch ist ebenfalls vieles anders: Am auffälligsten in dieser Hinsicht ist das «Maritim Strandhotel» direkt an der Ostsee. Das kastenförmige Hochhaus ragt 108 Meter in den Himmel und bietet 240 Zimmer und Suiten auf Viersterne-Niveau. Einen Stern mehr hat das «Hotel Vier Jahreszeiten Casino Travemünde» zu bieten, an der Promenade gelegen und erst Anfang Mai nach eineinhalbjährigem Umbau als Travemündes erstes Fünfsterne-Haus wieder eröffnet. Das Gebäude wurde unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg als Kursaal errichtet. Das Pfund, mit dem Travemünde wuchern kann, ist der Strand mit seinem hellen, weichen Sand: Buchstäblich reihenweise stehen dort die Strandkörbe. Vom Ufer aus lassen sich Segelboote aller Größen und auch die aus Schweden wiederkehrenden Fähren beobachten, die am Skandinavienkai südwestlich des Stadtzentrums anlegen. 1962 startete hier die erste «Nils Holgerson» der TT-Line nach Trelleborg auf der anderen Ostseeseite. Inzwischen sind die Kaianlagen ein bedeutender Fährhafen geworden - nicht nur für Reisen nach Südschweden. Ein Schiff ganz anderer Art gehört zu Travemündes unübersehbaren Attraktionen: Direkt in der Mündung der Trave in die Ostsee liegt die Viermastbark «Passat». Der 1911 gebaute Lastensegler war 1957 in Seenot geraten und sollte danach nicht mehr zum Einsatz kommen. Inzwischen ist es ein Museumsschiff und kann besichtigt werden.
Die «Passat» hat ihren endgültigen Ankerplatz vor dem Priwall gefunden, einer Landzunge, die von Mecklenburg aus in die Lübecker Bucht ragt. Um dorthin zu gelangen, müssen Travemünde-Besucher mit dem Boot fahren: Eine kleine Fähre legt an der Nordermole ab und setzt für 50 Cent über an das Priwallufer. Auf dem Priwall war einst der Strand der ärmeren Leute. Heute gibt es dort Campingplätze, eine Jugendherberge und das Naturfreundehaus. In diesem Sommer sollen wieder Kunstwerke ganz besonderer Art den Priwall-Strand verwandeln: Beim «2. Deutschen Sandskulpturen-Festival» werden vom 11. Juli bis 7. September bis zu 11 Meter hohe Skulpturen aus Sand zu sehen sein.