Technik Technik: Geräte gegen Elektrosmog - meist nutzlos und teuer
Düsseldorf/Salzgitter/dpa. - Produkte gegen Elektrosmog: Meist zu teuer und oft wirkungslos, dpa(Mit Bild tmn07 vom 28.05.08) =Ein kleines Glasgebilde für mehrals 2000 oder ein Baldachin für 600 Euro - das ist viel Geld. Dochmanche Menschen zahlen solche Preise bereitwillig, weil sie glauben,dadurch etwas für ihre Gesundheit zu tun. Solche Produkte sollen denHerstellern zufolge vor «Elektrosmog» schützen. In den meisten Fällenfehlt aber, gelinde gesagt, der Nachweis für die Wirksamkeit. «Vieledieser Produkte helfen gar nicht», sagt Florian Emrich, Sprecher desBundesamts für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter. Als «Elektrosmog» werden oft verallgemeinernd elektromagnetischeFelder (EMF) bezeichnet, wie sie durch Mobilfunk-Sendemasten oderHochspannungsleitungen erzeugt werden. Aber nicht jeder, der vonseinem Fenster aus etwa eine Sendeanlage sehen kann, muss sich aktivschützen. «Da müsste es schon knüppeldick kommen», sagt RolfBuschmann, EMF-Experte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen inDüsseldorf. In der Regel liege die Belastung durch EMF weit unter denoffiziellen Grenzwerten und meist sogar noch um ein Vielfaches unterden auch von vielen Kritikern geforderten strengeren Grenzwerten. Bevor jemand viel Geld für Spezialfarbe oder Ähnliches ausgibt,sollte er daher eine Messung am Ort vornehmen lassen. Irgendein Gerätim Netz zu kaufen und selbst zu messen - davon rät Buschmann ab:«Elektromagnetische Felder können aus ganz unterschiedlichen Quellenstammen. Woher sie genau kommen, lässt sich mit einem einfachenMessgerät nicht feststellen.» Nur ein Fachmann sei in der Lage, dieMessergebnisse vernünftig zu deuten. Eine Begehung des Hauses schlägtdurchschnittlich mit rund 200 Euro zu Buche. Das ist ein Bruchteildessen, was viele - womöglich überflüssige - Abschirmmaßnahmen kosten. Sollte der Fachmann tatsächlich Handlungsbedarf festgestellthaben, kommt es darauf an, um welche Form von EMF es sich handelt.Gegen die niederfrequente Strahlung, wie sie zum Beispiel vonHochspannungsleitungen erzeugt wird, hilft laut Buschmann nur eineräumliche Veränderung - beispielsweise ein Wechsel des Schlafzimmers. Gegen etwa von Mobilfunk-Sendemasten stammende hochfrequente EMFkönnen zum Beispiel metallhaltige Farben wirken. Aber auch über dasBett gehängte Baldachine mit entsprechendem Gewebe haben eine gewisseWirkung. «Wichtig ist, dass die Abschirmung vom Fachmann installiertwird», sagt Bernd Rainer Müller von der UmweltschutzorganisationBUND, der ein Ingenieurbüro für Arbeitsschutz und Messtechnik in Lage(Nordrhein-Westfalen) unterhält. Passieren beim Abschirmen Fehler,könnte sich die Belastung sogar erhöhen. «Außerdem muss zur Kontrolleder Wirksamkeit auch hinterher gemessen werden.» Die meisten Produkte gegen Elektrosmog sind allerdings eher derKategorie Nepp zuzuordnen: Ihre Wirksamkeit ist nach den Kriteriender Wissenschaft nicht nachzuweisen. Nur in Ausnahmefällen sind dieAnbieter so fair und weisen auf dieses Manko hin. Meist wird dagegenversucht, Glasgebilde, Strahlenschutzmatten oder sogenannteSchwingungswandler mit pseudowissenschaftlichen Erklärungen an denMann zu bringen - manchmal auch auf Kaffeefahrten. Für den Laien ist das Beurteilen solcher Produkte schwer. Einernstzunehmendes Qualitätssiegel gibt es den Experten zufolge nicht.Wo geprüft wird, geschehe das auf der gleichen zweifelhaften Ebene,auf der die Produkte verkauft werden, sagt Verbraucherschützer RolfBuschmann. Andere Produkte haben zwar eine gewisse Wirkung, sind aber dennochkaum sinnvoll. Das gilt etwa für Handytaschen, die den Besitzer vorStrahlung schützen sollen, wenn das Gerät gerade nicht genutzt wird.«In diesem Fall könnte man es ja genauso gut ausschalten», sagtFlorian Emrich vom BfS. Abgesehen von gelegentlichen Ortungssignalenstrahlen Handys ohnehin nicht, solange sie nicht genutzt werden. Außerdem kann das Verwenden einer solchen Tasche kontraproduktivsein, denn Handy und Sender regeln die Leistung abhängig vom Empfangautomatisch. Und ist dieser schlecht, zum Beispiel weil das Gerät ineiner die Strahlung absorbierenden Tasche steckt, wird die Leistungund damit die Strahlung erhöht, sobald ein Anruf erfolgt. Am besten lässt sich die Belastung durch hochfrequenteelektromagnetische Felder reduzieren, indem man das Telefonieren mitdem Handy auf das Nötigste beschränkt. In der Wohnung könnte indiesem Sinne auf WLAN und auf schnurlose Telefone verzichtet werden.Schnurlose Telefone gibt es zudem immer häufiger mit sogenanntemEco-Modus, der die Leistung situationsabhängig herunterfährt. Zur Arbeit von Bernd Rainer Müller gehört das Messen von EMF unddie anschließende Beratung von Institutionen und Privatpersonen.Dabei hat der Ingenieur die Erfahrung gemacht, dass vor lauter Angstvor «Elektrosmog» oft im konkreten Fall viel größere Risiken wie einvom Kaninchen angefressenes Kabel im Kinderzimmer überhaupt nichtwahrgenommen werden. «Wenn das Kind dann das Kaninchen im falschenMoment anfasst, nützen die Abschirmmaßnahmen gegen EMF gar nichts.»