Sportpolitik Sportpolitik: Die Deutschlandhalle hat ausgedient

Berlin/dpa. - Nach einem Beschluss des Berliner Senats vom 27.Mai 2008 wird die einst größte Mehrzweckhalle der Welt nach Abschlussder Eislauf-Saison abgerissen. Die Flächen werden künftig von derBerliner Messe genutzt. Bei über 7200 Sport- und Kultur-Veranstaltungen hatte die Deutschlandhalle in ihrer langen Geschichterund 29 Millionen Besucher angelockt.
Die Arena, die fast 9000 Zuschauern Platz bot, war am 29. November1935 nach neunmonatiger Bauzeit im Beisein von NS-Diktator AdolfHitler eröffnet und bei den Olympischen Spielen 1936 für dieWettkämpfe im Boxen, Ringen und Gewichtheben genutzt worden. Vor demZweiten Weltkrieg war die Arena oft Aufmarschplatz für weiterePropaganda-Veranstaltungen der Nazis, aber auch für große Sport-Events. 1938 wurde von der Pilotin Hanna Reitsch in derDeutschlandhalle der erste Hubschrauber-Hallenflug vorgeführt. Nachder kompletten Zerstörung durch Fliegerbomben am 16. Januar 1943wurde der Sport- und Kultur-Tempel im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf erst 1957 wieder aufgebaut.
Danach erlebte die Arena ihr Blütezeit: Box-Stars wie MuhammadAli, Bubi Scholz oder Karl Mildenberger, die Weltklasse-Reiter JosefNeckermann und Nelson Pessoa oder Tennis-Crack Boris Beckerfaszinierten die Berliner. «Diese Halle ist ein Stück Deutschland undwird es immer bleiben», prognostizierte einst Heinz Warneke, der inden 70er Jahren als Hallen-Direktor fungierte. Ab 1960 machten auchdie Rad-Matadore dem Sportpalast mit Sechs-Tage-Rennen Konkurrenz.
Gegen den Widerstand des Deutschen Fußball-Bundes wurde 1971 inder Deutschlandhalle das erste Hallen-Fußball-Turnier auf deutschemBoden ausgetragen. Bereits ein Jahr später war der Fußball unter demDach in der Winterpause nicht mehr wegzudenken - die Deutschlandhallehatte dafür den Weg bereitet. Auch die ALBA-Basketballer fanden hierihre Heimstatt und feierten 1995 mit dem Gewinn des Korac-Cups ihrengrößten internationalen Erfolg.
Als Show-Bühne nutzten unter anderen die Rolling Stones, JimiHendrix, The Who, Johnny Cash und Queen die Deutschlandhalle. DieZirkus-Veranstaltung «Menschen-Tiere-Sensationen» fand 48 Mal zurWeihnachtszeit hier statt. In Erinnerung ist aber auch, dass bei derShow am 20. Januar 1940 die Hochseilartistin Camilla Mayer in den Todstürzte, als ein Mast brach.
Die 117 Meter lange und 83 Meter breite Dachkonstruktion derMehrzweck-Halle galt jahrelang als einzigartig und als historischesWahrzeichen der Ingenieur-Baukunst in Deutschland. Mit der Errichtungvon Max-Schmeling-Halle und Velodrom verlor die DeutschlandhalleMitte der 90er Jahre an Bedeutung, es begann der Prozess deslangsamen Sterbens. Schon 1997 wurde die Halle geschlossen, weil dienotwendige Sanierung zu teuer schien. Letztendlich wurde die marodeArena doch aufwendig renoviert, aber seit 2001 fast nur noch von denEishockey-Teams der Preussen Juniors genutzt. Bis heute ist im Senatungeklärt, wie sich der Denkmal-Status der Deutschlandhalle mit demim März 2009 beantragten Abriss verträgt.