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Skispringen-WM Skispringen-WM: Sven Hannawald ist am Boden zerstört

Von Eric Dobias 02.03.2003, 16:14
Sven Hannawald aus Hinterzarten verlässt am Freitag (28.02.2003) im italienischen Predazzo im Val di Fiemme (Fleimstal) nach dem Skispringen von der K95-Schanze bei den nordischen Ski-Weltmeisterschaften das Stadion. Der Pole Adam Malysz gewann die Goldmedaille. Hannawald belegte nur Rang 24. (Foto: dpa)
Sven Hannawald aus Hinterzarten verlässt am Freitag (28.02.2003) im italienischen Predazzo im Val di Fiemme (Fleimstal) nach dem Skispringen von der K95-Schanze bei den nordischen Ski-Weltmeisterschaften das Stadion. Der Pole Adam Malysz gewann die Goldmedaille. Hannawald belegte nur Rang 24. (Foto: dpa) dpa

Val di Fiemme/dpa. - Der Sportdirektor war entsetzt, der Bundestrainer traurig und der Überflieger frustriert: Nach der WM-Bruchlandung der DSV-Adler gerät der Skisprung zunehmend in die Kritik und der greifbar nahe Triumph von Sven Hannawald im Gesamt-Weltcup in Gefahr. Völlig verunsichert verließ der Hinterzartener das WM-Quartier im Hotel «Villa di Bosco», wo die deutschen Springer am Freitagabend den Frust über ihren ersten medaillenlosen WM-Auftritt seit zehn Jahren hinuntergespült hatten. «Den Scheiß muss ich so schnell wie möglich abhaken», drückte der 28-Jährige in drastischen Worten seine Gemütslage aus.

Der Absturz bei der Entscheidung auf der Normalschanze hatte Hannawald derart aus der Fassung gebracht, dass auch Bundestrainer Reinhard Heß mit schlimmsten Befürchtungen im Gepäck die Heimreise antrat. «Ich bin nicht sauer, aber traurig und ratlos. Hoffentlich zerbricht das Team jetzt nicht. Wir müssen schnell aus der Misere heraus», erklärte der arg mitgenommen wirkende Thüringer. Für Thomas Pfüller, den Sportdirektor im Deutschen Skiverband (DSV), war das schwache Abschneiden der Springer der «Wermutstropfen» in der hervorragenden WM-Bilanz der nordischen Ski-Asse.

«Es wird nicht leicht, dem Sven zu vermitteln, dass er noch den Weltcup gewinnen kann», fürchtete Heß um die Psyche seines Vorzeigespringers. Bereits am kommenden Wochenende muss Hannawald in Oslo seine Führung gegen den auf Wolke sieben schwebenden Doppel-Weltmeister Adam Malysz (Polen) verteidigen. «Ich habe mich mit guten Saisonergebnissen aufgebaut, jetzt muss ich mit solch einem Müll leben», meinte der frustrierte «Sportler des Jahres», der nach seinem 24. Platz am Freitagabend verbal ausgerastet war. «Die Äußerungen sind so nicht typisch für ihn. Das war nicht der Sven, den ich kenne», bekannte Heß.

Der Thüringer fürchtet, «dass wir 14 Tage lang Spießruten laufen». Kein Wunder, denn die heile Welt der deutschen Skispringer hat in Predazzo Risse bekommen. Sowohl die sportlichen Leistungen als auch das mannschaftliche Auftreten entsprachen nicht dem gewohnten Bild und bedürfen einer intensiven Aufarbeitung. Die Frage, die es im DSV zu beantworten gilt, lautet: War das Debakel von Predazzo ein einmaliger Ausrutscher oder funktioniert das System nicht mehr? «Ich möchte nicht von einer Krise sprechen, aber ich will auch nicht die Probleme vom Tisch wischen. Wir müssen analysieren, welche Fehler sind in der WM-Vorbereitung gemacht worden und welche sind grundlegender Art», forderte Pfüller.

«Es wird einige Korrekturen im Nachwuchsbereich geben», kündigte er Konsequenzen an. Die Person Heß stellte Pfüller allerdings nicht in Frage, obwohl der Bundestrainer erstmals in seiner neunjährigen Amtszeit ohne Medaille von einem Großereignis zurückkehrte. «Ich werde daran nicht zerbrechen. Ich hoffe, mein Umfeld tut es auch nicht», sagte der 57-Jährige.

Nach außen hin demonstrierten alle Beteiligten Geschlossenheit, doch die kritischen Töne nehmen zu. «Falls ich noch länger Verantwortung habe, muss man mir künftig die Chance geben, das Team gezielt auf einen Höhepunkt vorzubereiten», erklärte Heß. Der Sportdirektor konterte, Heß habe genau dies nicht getan. «Wenn man so lange im Geschäft ist wie er und glaubt, in eine solche Krise zu kommen, wie es in Val di Fiemme der Fall war, muss man langfristig auf die Terminplanung einwirken», erklärte Pfüller.

Der Deutsche Sven Hannawald schaut am Freitag (28.02.2003) im italienischen Predazzo im Val di Fiemme (Fleimstal) bei den nordischen Ski-Weltmeisterschaften nach seinem Sprung von der K95-Schanze nachdenklich auf die Anzeigetafel. Hannawald ist im Probedurchgang 91 Meter gesprungen. (Foto: dpa)
Der Deutsche Sven Hannawald schaut am Freitag (28.02.2003) im italienischen Predazzo im Val di Fiemme (Fleimstal) bei den nordischen Ski-Weltmeisterschaften nach seinem Sprung von der K95-Schanze nachdenklich auf die Anzeigetafel. Hannawald ist im Probedurchgang 91 Meter gesprungen. (Foto: dpa)
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Doppelweltmeister Adam Malysz zeigt am Freitag (28.02.2003) im italienischen Predazzo im Val di Fiemme (Fleimstal) bei den nordischen Ski-Weltmeisterschaften nach seinem Sieg im Springen von der K95-Schanze seine Goldmedaillen. Die erste Medaille hatte der Pole im Springen von der K120-Schanze gewonnen. (Foto: dpa)
Doppelweltmeister Adam Malysz zeigt am Freitag (28.02.2003) im italienischen Predazzo im Val di Fiemme (Fleimstal) bei den nordischen Ski-Weltmeisterschaften nach seinem Sieg im Springen von der K95-Schanze seine Goldmedaillen. Die erste Medaille hatte der Pole im Springen von der K120-Schanze gewonnen. (Foto: dpa)
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Adam Malysz in Jubelpose. (Foto: dpa)
Adam Malysz in Jubelpose. (Foto: dpa)
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