Skispringen Mannschaft Skispringen Mannschaft: «Deutsche Adler» greifen sich Gold

Salt Lake City/dpa. - Mit einem überragenden Comeback hat Martin Schmitt die deutschen Ski-Adler in der knappsten Team-Entscheidungaller Zeiten zum zweiten Mal nach 1994 zu Olympia-Gold geführt. Um nur einen Zehntelpunkt lag das DSV-Quartett (974,1 Punkte) mit Sven Hannawald, Stephan Hocke, Michael Uhrmann und Schmitt nach acht Sprüngen vor Finnland (974,0) und setzte damit die Erfolgsstory der deutschen Skispringer nach den WM-Titeln 1999 und 2001 fort. Bronze ging an Slowenien (946,3). «Ich weiß nicht, ob ich so etwas noch einmal durchstehe. Ich habe schon geglaubt, es würde nicht reichen. Ich kann mich noch gar nicht richtig freuen, ich denke, das kommt erst im Laufe des Tages zum Ausbruch», meinte ein sichtlich mitgenommener Bundestrainer Reinhard Heß.
Erst einmal in der Olympia-Geschichte hatte es die knappste aller möglichen Entscheidungen im Skispringen gegeben. 1972 in Sapporo lag der Pole Wojciech Fortuna ebenfalls nur um ein Zehntel vor dem Schweizer Walter Steiner. «So etwas habe ich noch nie erlebt. Jetzt brauche ich erst einmal einen Stuhl und dann ein gescheites Weißbier», stöhnte Uhrmann. In der Summe der Weiten lagen die vier Deutschen mit 989,5 m um zwei Meter vor den Finnen, in der Umrechnung der Punkte waren es nur noch 5,5 cm.
Zum Matchwinner avancierte ausgerechnet Schmitt, der in dieser Saison bislang mehr Tiefen als Höhen durchlebt hatte. Der viermalige Weltmeister hatte noch am Tag vor dem Springen die Ski gewechselt, was sich für das DSV-Team in goldener Münze auszahlte. «Ohne die neuen Ski hätte es nicht gereicht», stellte Schmitt überglücklich fest. Der Schwarzwälder wirkte wie ausgewechselt und landete zwei saubere Sprünge auf 131,5 und 123,5 m. «Ich wusste, dass es knapp wird. Am Ende war es aber noch ein gutes Polster», scherzte der 24-Jährige.
Dank des so genannten «Tigerski» fand Schmitt endlich zu der Form, der er im Olympia-Winter bisher vergeblich hinterher gelaufen war. «Ich bin froh, dass ich den neuen Ski gestern noch probiert habe. Er ist sehr lebendig, die Sprünge haben gepasst», meinte Schmitt, der für den nicht so überzeugend springenden Hannawald als Nummer eins im Team in die Bresche sprang.
«Ich wusste, dass ich nicht das Maximale bringen kann. Ich bin eben keine Maschine», meinte der durch eine Entzündung im Schienbeinmuskel gehandicapte Hannawald. Am Ende konnte er sich nach Silber auf der Normalschanze und dem unglücklichen vierten Platz auf der Großschanze aber doch noch wie erhofft Gold um den Hals hängen lassen. «Wir haben unsere Medaille. Nur das zählt», jubelte der 27-Jährige.
Reinhard Heß hatte sein Trumpf-Ass extra an Position eins gebracht, um die Konkurrenz sofort unter Druck zu setzen. Doch der Vierschanzentournee-Sieger kam bei verkürztem Anlauf nur auf 123 m und 120,5 m. «Die Verletzung hat mich etwas gestört.», ärgerte sich Hannawald, der in seiner Gruppe nur Zweiter hinter Hautamäki wurde. Der Finne hatte allerdings Glück, als er im zweiten Durchgang bei 125 m stürzte, von der Jury jedoch nicht mit Punktabzügen bestraft wurde.
«Team-Kücken» Stephan Hocke, mit 18 Jahren jüngster deutscher Olympia-Starter in Salt Lake City, bewies danach Nervenstärke. Nach 118,5 m im ersten Sprung kam der Oberhofer Gymnasiast auf 119,5 m und brachte die deutsche Mannschaft wieder nach vorn. «Das ist unglaublich, ich bin happy», freute sich der Thüringer. «Ich habe mich nur auf mich konzentriert und nicht an den anderen orientiert. Sonst wäre der Druck zu groß gewesen», verriet der Weltcupsieger von Engelberg sein Erfolgsgeheimnis.
Als großer Rückhalt erwies sich auch Michael Uhrmann, der lange um seine Olympia-Fahrkarte bangen musste. Der 23-jährige Team-Weltmeister landete bei 128 und 125 m und erhielt damit Schluss-Springer Schmitt die Siegchance. «Ich habe gewusst, dass ich weit springen muss. Zum Glück konnte ich meine gute Form im Wettkampf rüberbringen», meinte Uhrmann, der zu Recht stolz auf seine Leistung in der dritten Gruppe war: «Das war vielleicht das vorentscheidende Duell.»