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Schiedsrichter-Skandal Schiedsrichter-Skandal: «Der deutsche Fußball braucht Theo Zwanziger»

Von Lars Reinefeld und Ulrike John 12.03.2010, 15:39

Frankfurt/Main/dpa. - «Das kann nicht sein, dass TheoZwanziger wegen dieser Geschichte zurücktritt. Der Fall Amerell istes nicht wert, ein solches Amt aufzugeben. Der deutsche Fußballbraucht Theo Zwanziger», sagte der «Kaiser» in einem «Bild»-Interview. Fast vier Stunden tagte am Freitag in Frankfurt/Main dasPräsidium des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), ehe die Funktionäre inder Otto-Fleck-Schneise den Saal für die erweiterte Vorstandssitzungwechselten. Erst bei einer Pressekonferenz am Abend wollten Zwanzigerund Liga-Chef Reinhard Rauball Rede und Antwort stehen.

Ehrenpräsident Mayer-Vorfelder, der zwischen 2004 und 2006gemeinsam mit Zwanziger die DFB-Doppelspitze bildete, betonte vorSitzungsbeginn: «Ich habe vollstes Vertrauen, dass der Präsident dierichtigen Entscheidungen treffen wird. Ich denke nicht, dass es umseine Person geht.» Zwanziger ist wegen seines Krisenmanagements imFall Manfred Amerell in die Kritik geraten und wollte nun seinStanding bei den Verbandsfunktionären abklopfen. Um kurz vor 11.00Uhr war Zwanziger in den Sitzungsraum geeilt, das großeMedienaufgebot musste vor der DFB-Zentrale warten.

Der angehende Schiedsrichter-Chef Herbert Fandel äußerte sich amNachmittag zufrieden über die Präsentation seines Reformpapiers vordem DFB-Präsidium. «Ich hatte das Gefühl, dass unser Konzept sehrpositiv aufgenommen wurde. Jetzt müssen wir sehen, was entschiedenwird», sagte Fandel. Der frühere Weltklasse-Schiedsrichter hattegemeinsam mit DFB-Abteilungsleiter Lutz Michael Fröhlich und HellmutKrug von der DFL ein Zukunftskonzept erarbeitet. Bei denSchiedsrichter-Ansetzungen soll künftig jegliche Art derMultifunktionalität vermieden werden, die Benotung durch dieSchiedsrichterbeobachter an Bedeutung verlieren. Zudem sollen jungeReferees künftig von mehreren Mentoren betreut werden.

In der «Causa Amerell» stehe der ganze DFB hinter Zwanziger,erklärte Beckenbauer. Er übte aber auch Kritik an der Vorgehensweisedes Verbandes und des 64-jährigen Spitzenfunktionärs. «Sicher sindauch Fehler gemacht worden. Vielleicht wäre der DFB besser beratengewesen, diese Angelegenheit gleich dem Staatsanwalt zu übergeben.Aber das kann überhaupt kein Grund für Zwanzigers Rücktritt sein»,meinte Beckenbauer. «Völlig ausgeschlossen» sei, dass er Nachfolgervon Zwanziger werde. «Nicht eine Sekunde käme ich auf die Idee, DFB-Präsident zu werden», sagte der 64-Jährige. «Ich bin der Meinung,Zwanziger muss die Sache jetzt durchziehen, und der DFB muss auchvoll hinter ihm stehen. Da muss er jetzt durch.»

Als Präsident des größten Sportfachverbandes der Welt mit seinen6,7 Millionen Mitgliedern erklärte Zwanziger seinen 18 Kollegen imPräsidium und auch den insgesamt 57 Vorstandsmitgliedern, warum derDFB so spät von den gegen Amerell erhobenen Vorwürfen der sexuellenBelästigung erfuhr. Schiedsrichter-Chef Volker Roth hatte die vonBundesliga-Referee Michael Kempter gemachten Aussagen erst einenMonat später weitergeleitet.

Amerell bestreitet die Vorwürfe. Weil der frühere DFB-FunktionärZwanziger eine einseitige Aufklärung vorwirft, hat der Verbandangekündigt, ihn wegen übler Nachrede und Verleumdung anzuzeigen.Amerell sieht dem gelassen entgegen. «Ich glaube, die haben nichtdamit gerechnet, dass ich das durchstehe, aber da haben sie mich wohlfalsch eingeschätzt», sagte Amerell der «Augsburger Allgemeinen».

Er unterstellt Zwanziger zudem, den Unparteiischen MarkusWingenbach aus seinem Heimatverein VfL Altendiez unrechtmäßigbefördert zu haben. Beckenbauer forderte ein Ende des Theaters. «Esmuss jetzt Schluss sein mit diesen Nebenkriegs-Schauplätzen undEitelkeiten. In ein paar Wochen haben wir WM. Das ist viel wichtigerals der Fall Amerell.»

Zwanziger befürwortet einen außerordentlichen Bundestag am 30.April, wo Roth vom ehemaligen FIFA-Referee Fandel abgelöst werdenkönnte. Zu Spekulationen, dass es zum Wachwechsel zwischen ihm undRoth vor dem geplanten Termin im Oktober kommt, wollte sich Fandelnicht äußern. Eine vorzeitige Ablösung werde er auf keinen Fallforcieren, stellte der Konzertpianist aus Kyllburg klar. «Ich binimmer dafür zu haben, etwas Neues zu beginnen. Aber ich würde ungernetwas Altes beenden», sagte Fandel.