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Rudern Rudern: Helle Aufregung bei olympischen Testrennen

Von Heinz Büse und Takis Tsafos 06.08.2003, 15:31

Düsseldorf/Athen/dpa. - Eine rätselhafte Viruserkrankung der deutschen Nachwuchs-Ruderer und chaotische Windverhältnisse haben beim ersten Testwettbewerb für die Olympischen Spiele 2004 in Athen für helle Aufregung gesorgt. Die als Generalprobe gedachte Junioren- WM auf der neuen Ruder-Anlage in Schinias, 41 Kilometer nordöstlich der griechischen Hauptstadt, begann am Mittwoch ohne deutsche Beteiligung. Nach der vorzeitigen Heimreise der jungen DRV-Athleten am Auftakt-Tag war das griechische Organisationskomitee ATHOC um eine Versachlichung der aufkommenden Diskussionen bemüht. «Es handelt sich um einen Virus, nicht um eine Lebensmittelvergiftung. Wir als Organisatoren sind damit von den Ärzten freigesprochen worden», sagte ATHOC-Pressesprecher Serafim Kotrotsos.

Gleichwohl versetzte die Frage, wie es zur Erkrankung von 80 der 90 Delegationsmitglieder des Deutschen Ruderverbandes (DRV) kommen konnte, die griechischen Gesundheitsbehörden in Alarmzustand. «Die haben Hotel und Wettkampfstätte komplett auf den Kopf gestellt, aber nichts gefunden», sagte DRV-Sportdirektor Michael Müller. Die Suche nach dem Auslöser soll laut Müller jedoch nun in Deutschland bei den Hausärzten der betroffenen Sportler fortgesetzt werden: «Das bedarf intensiver Recherchen. Wir wollen unbedingt wissen, woher das Virus kommt.»

Nach der Ankunft in Griechenland hatten viele Nachwuchs-Athleten und Begleiter über hohes und hartnäckiges Fieber geklagt. Weil sich der Zustand einiger Patienten trotz intensiver Therapiemaßnahmen kaum verbesserte, entschloss sich der DRV am Dienstag zum Rückzug seiner kompletten Mannschaft. Anders als die einheimische Behörde wollte DRV-Mannschaftsarzt Professor Dr. Jürgen Steinacker nicht ausschließen, dass der Infektionsherd möglicherweise doch in Griechenland liegt: «Da waren sogar Leute betroffen, die nicht mit im Trainingslager in Grünau oder mit im Flugzeug waren.»

Nicht nur die Abreise der wohl stärksten Ruder-Nation sorgte am Ufer des 2222 Meter langen Kanals für reichlich Gesprächsstoff. Zwar stellten fast alle Beteiligten der neu errichteten Anlage in Meeresnähe ein gutes Zeugnis aus, doch die Witterungsbedingungen gaben Anlass zur Sorge. Gleich der erste Wettkampftag machte deutlich, mit welchen Schwierigkeiten die Ruderer beim Kampf um Medaillen im kommenden Jahr rechnen müssen. Raue Winde der Stärke sechs bis sieben veranlassten die Organisatoren, den Start von 9.30 um zwei Stunden vorzuverlegen. «Wir hatten starken Wind und Wellengang. Ich hatte den Eindruck, ich wäre im Meer», klagte eine griechische Ruderin nach dem ersten Vorlauf um 6.45 Uhr.

Die in der Region Schinias unter dem Namen «Meltemi» bekannten Nordwinde machten vor allem den Wettkampf in der Königsdisziplin zur Farce. Der britische Achter lief voll Wasser und ging unter, die amerikanischen Recken verließen kurz vor dem Ende des Rennes das Großboot und zogen es unter dem starken Applaus der Zuschauer schwimmend ins Ziel. Tausende Bäume, die in Kürze rund um die Anlage eingepflanzt werden, sollen das Problem eindämmen. Denis Oswald, Präsident des Ruder-Weltverbandes (FISA), setzt darüber hinaus auf himmlischen Beistand: «Wir hoffen, dass Aeolos, der Windgott der Antike, uns rudern lässt.»