Reitsport Reitsport: «Wunderpferd» startet bei EM in den Niederlanden
Hannover/dpa. - «Ich habe unschöne Briefe bekommen», berichtete Schockemöhle: «Es gibt immer ein paar Verrückte. Aber ich bin nicht ängstlich.» Weil das so ist, scheut der ehemalige Springreit-Europameister auch nicht den Ritt in der «Höhle des Löwen»: Totilas, der mit dem Niederländer Edward Gal zuletzt dreimal WM-Gold gewann und als «Wunderpferd» gilt, soll im kommenden Jahr mit einem deutschen Reiter bei der EM in Rotterdam starten. «Sicher ist das nicht der ideale Ort, aber daran werden wir nicht vorbeikommen», sagte Schockemöhle zu seinen Planungen.
Nervenstark muss der neue Reiter also sein, den Schockemöhle noch sucht. «Ich werde bei so einem Pferd kein Risiko eingehen und einen Reiter nehmen, der keine internationale Erfahrung hat», erklärte der Unternehmer aus dem niedersächsischen Mühlen: «Es darf keiner sein, der dem Druck nicht standhält. Er muss bewiesen haben, dass er sich im internationalen Sport bewährt hat.» Einer aus dem talentierten U 21-Europameister-Team kommt damit kaum infrage.
Gerüchte und Spekulationen gibt es reichlich, Anfragen bei Schockemöhle auch. Aber Geld sollte der neue Totilas-Reiter auch haben. «Das ist erwünscht», erklärte Schockemöhle. Er will das Recht, den Hengst zu reiten, vermieten und so die Rekord-Ablösesumme refinanzieren. Das schränkt den Kreis der Kandidaten ein.
Matthias Alexander Rath (Kronberg) wird derzeit am häufigsten genannt, hat auch Interesse signalisiert und wird auf seiner Internetseite bereits von aufgebrachten Fans aus dem Nachbarland beleidigt. Doch dessen Vater und Trainer Matthias-Alexander Rath hält von der erwünschten Zuzahlung gar nichts: «Sportrechte und Deckrechte zu teilen, das stelle ich mir sehr, sehr schwierig vor.» Zudem sei die Entfernung zwischen Kronberg im Taunus und Mühlen, wo Totilas' Stall steht soll, viel zu groß.
Isabell Werth, die erfolgreichste Dressurreiterin der Welt, hat bereits abgewunken. Sanneke Rothenberger, mehrfache U-21-Europameisterin, kommt nach Angaben ihres Vaters ebenfalls nicht infrage. Mit Blick auf die EM im kommenden Jahr und die notwendige Vorbereitung ist indes eine gewisse Eile geboten. «Ich gehe davon aus, dass ich das dieses Jahr lösen werde», sagte Schockemöhle.
Das Unverständnis und die Aufregung, die vor allem bei niederländischen Dressurfans herrscht, kann Schockemöhle nicht nachvollziehen. «Es war klar, dass das Pferd nach der WM verkauft wird, aber in den Niederlanden hat sich niemand gekümmert.» Ähnlich sieht das auch der Holländer Jeroen Dubbeldam, vor zehn Jahren in Sydney Olympiasieger im Springreiten. «So läuft das, so ist das Geschäft», kommentierte Dubbeldam: «Das wusste man vorher.»