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Ratgeber Ratgeber: Hilfe fern der Heimat

15.08.2003, 09:18
Botschaft als erste Anlaufstelle - die Mitarbeiter der Auslandsvertretungen, hier die Deutsche Botschaft in Indiens Hauptstadt Neu Delhi, können bei vielen Problemen im Urlaub weiterhelfen. (Foto: dpa)
Botschaft als erste Anlaufstelle - die Mitarbeiter der Auslandsvertretungen, hier die Deutsche Botschaft in Indiens Hauptstadt Neu Delhi, können bei vielen Problemen im Urlaub weiterhelfen. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Dem Stress entfliehen und einfach nur ausspannen - die meisten Menschen erwarten im Urlaub vor allem Erholung. Viele exotische Länder locken mit guter Stimmung und lockerer Lebensart. Doch die Ferienlaune verkehrt sich schnell in das Gegenteil, wenn rechtliche oder finanzielle Probleme auftauchen: Pass und Geld verloren oder gestohlen, Ärger bei Verkehrskontrollen oder sonstige Scherereien mit den Behörden - fern der Heimat stellt so mancher Reisende fest, dass er im Notfall oft allein dasteht.

«Erste Hilfe» leisten die deutsche Botschaft oder ein deutsches Konsulat im Gastland. Sie stellen für acht Euro Pass-Ersatzpapiere für die Rückreise nach Deutschland aus. Muss der Tourist in einem anderen Land zwischenlanden, gibt es für 13 Euro einen vorläufigen Reisepass. «Ein Passfoto und eine Kopie der Diebstahlmeldung bei der Polizei ist alles, was wir brauchen», erläutert Andrea Berdesinski, Pressesprecherin im Auswärtigen Amt in Berlin. Wer gar keine Papiere mehr hat, muss bei der Botschaft eine eidesstattliche Erklärung abgeben, dass er deutscher Staatsbürger ist.

Auch wenn plötzlich die Reisekasse gestohlen wurde, vermittelt die Botschaft Kontaktmöglichkeiten nach Deutschland und zeigt schnelle Überweisungswege. Mit dem weltweiten Dienstleister Western Union zum Beispiel kann innerhalb von 24 Stunden Geld ins Ausland transferiert werden. «In extremen Notfällen helfen Botschaften mit Überbrückungsgeld für das Rückflugticket weiter, aber das ist immer eine Einzelfallentscheidung», betont Berdesinski.

Heikler wird es, wenn ein Tourist aus eigenem Verschulden mit den Behörden des Gastlandes in Konflikt gerät oder sogar verhaftet wird - etwa wegen eines schweren Verkehrs- oder eines Rauschgiftdelikts. Gemäß der Wiener Konvention, dem Diplomatenrecht, dem sich weltweit 174 Staaten verpflichtet haben, müssen die Behörden des Gastlandes in einem Haftfall sofort die deutsche Auslandsvertretung informieren. Botschaften und Konsulate dürfen sich nicht in das Gerichtsverfahren einmischen, können jedoch mit den Inhaftierten telefonieren, sie besuchen und ihnen Kontakte zu Anwälten vermitteln.

«Natürlich ist es immer ein Problem, im Ausland verhaftet zu werden. Doch in beinahe jedem Land gibt es deutsche Anwälte», sagt Georg Prassner, Strafrechtler aus Stuttgart. So verfügt der Deutsche Anwaltsverein (DAV) in Berlin über eine Liste mit deutschen Auslandskanzleien. Zwar gibt es nicht in jedem Land einen Anwaltszwang, in Thailand etwa können Beschuldigte sich auch selbst verteidigen. Ratsam ist das den Experten zufolge allerdings nicht.

Ein häufigeres Problem ist der Autounfall im Ausland. «Auf jeden Fall sollte man gleich die Polizei rufen», rät Maximilian Maurer, Rechtsexperte des ADAC in München. Bei leichten Blechschäden empfiehlt Maurer den europäischen Unfallbericht. Dieser kann beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin oder bei jeder Autoversicherung kostenlos in vielen Sprachen bestellt werden. Vor Ort lassen sich in das Dokument alle Daten eintragen.

«Wenn man als Deutscher im Ausland mit seinem Auto in einen Unfall gerät, hat man inzwischen relativ gute Karten», sagt Klaus Brandenstein vom GDV. Seit Anfang dieses Jahres gilt die so genannte vierte Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie. Waren vorher viel Geduld, ein Rechtsanwalt und entsprechende Sprachkenntnisse nötig, ist jetzt alles einfacher: Jeder Versicherer in Europa muss in jedem Mitgliedsland der EU Schadenregulierungsbeauftragte benennen.

«Wenn man also in Athen Opfer eines Verkehrsunfalls wird, kann man sich in Deutschland an den Beauftragten der griechischen Versicherung wenden», fasst Brandenstein zusammen. Wer das ist, kann über den Zentralruf der Autoversicherer in Erfahrung gebracht werden. Trotzdem muss der Schaden auch bei der ausländischen Versicherung gemeldet werden. Nach der neuen EU-Richtlinie soll die Bearbeitung des Unfallschadens innerhalb von drei Monaten abgeschlossen sein.

Reagiert der Regulierungsbeauftragte bis dahin nicht oder nicht angemessen, kann sich der Geschädigte an die Verkehrsopferhilfe in Hamburg wenden. Bei Unfällen im Ausland ist oft die gesetzliche Mindestdeckungssumme weitaus geringer als jene von 3750 Euro bei Personenschäden in Deutschland. In Tschechien sind es lediglich 570 Euro. Fällt die Entschädigung im Ausland erheblich niedriger aus, sorgt die Verkehrsopferhilfe für den Ausgleich der Differenz.

Fährt ein Autofahrer im Ausland bei Rot über eine Ampel oder erhält ein Bußgeld wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung, muss häufig an Ort und Stelle gezahlt werden. In Frankreich etwa wird laut ADAC eine so genannte «Sicherheitsleistung» erhoben. Auch in Italien müssen Autofahrer mit ausländischem Wohnsitz eine solche Sofortzahlung leisten - ansonsten wird der Führerschein eingezogen.

Häufig steht auf dem später zugesandten Bußgeldbescheid eine höhere Summe. Nicht immer wird das Bußgeld allerdings bezahlt: «Außer mit Österreich gibt es keine Vollstreckungshilfevereinbarungen in Bußgeld- oder Verwaltungssachen zwischen Deutschland und anderen Ländern, die bereits in der Praxis angewendet würden», so der ADAC. Zwar haben die EU-Justizminister sich im Mai auf einen Rahmenbeschluss geeinigt, demzufolge Geldbußen ab 70 Euro in allen EU-Staaten anerkannt und vollstreckt werden sollen. Doch noch ist unklar, wann diese Regelung in Kraft tritt.