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Quarmbecker Sommerfest Quarmbecker Sommerfest: «Stiefkinder» entwickeln Eigeninitiative

Von Erhard Zschage 12.08.2001, 14:42

Quarmbeck/MZ. - "Toll, dass wieder etwas gemacht wird", sagt die Mutti vom vierjährigen Chris Rindermann, der sich gerade auf dem Sommerfest in Quarmbeck an der Kinderstrecke zum Clown schminken lässt. "Man hat etwas auf die Beine gestellt", lobt auch Wolfgang Hoyer die Organisatoren. Der ehemalige aktive Sportler nimmt zusammen mit seinen Quarmbecker Sportfreunden Hans Luda und Fritz Jentsch auf dem großen Festplatz ein Frühstück mit Wellfleisch und Wurstsuppe ein, das von den Kameraden der Quarmbecker Freiwilligen Feuerwehr kredenzt wird. Zwei Karussells, ein Kettenkarussel für die Großen und ein mit Pferden und Autos bestücktes für die Kleinen, drehen sich; Schieß- und Losbude sind vorhanden, ebenso ein Getränke- und Imbissstand. Volksfest in Quarmbeck am vergangenen Wochenende.

Ein Team um die Quarmbeckerin Elisabeth Alt, Awo-Mitarbeiterin Kerstin Rudel und Stadtjugendpflegerin Ilona Werner haben es ein halbes Jahr lang vorbereitet. "Das gelingt nur in Gemeinschaftsarbeit", hat Frau Alt erfahren und freut sich, dass alle mitgezogen haben: die Stadt, die Wohnungswirtschaft, die Arbeiterwohlfahrt, Handel und Gewerbe, die Vereine und nicht zuletzt die Quarmbecker selber.

Seit mehr als fünf Jahren hat es ein solches Fest im Ortsteil Quarmbeck mit seinen nur noch knapp 800 Einwohnern und den vielen leer stehenden Wohnungen nicht mehr gegeben. Man feiert für sich: der Schützenverein, der Gartenverein, die Feuerwehr. Früher fanden schöne Volksfeste auf der Casinowiese statt, erinnert sich Elisabeth Alt. "Jetzt fühlen wir uns wie Stiefkinder behandelt, deshalb haben wir eigene Aktivitäten entwickelt." Ein "Sommerfestkomitee" wird gegründet, Finanzierungspläne werden aufgestellt, Behörden angeschrieben, Sponsoren gesucht.

"Manchmal kamen wir uns wie Bettler vor", stellt Kerstin Rudel rückblickend fest, "aber es haben dann doch alle gespendet." Besonders im relativ einkommenschwachen Ortsteil Quarmbeck komme es darauf an, mit solchen Veranstaltungen das Lebensgefühl aufzubessern und zu stärken, meint Ilona Werner, als ständige Betreuerin des Quarmbecker Jugendklubs. In der Wiederherstellung des im einstigen "russischen Teil" von Quarmbeck gelegenen Sportplatzes sieht Altfußballer Fritz Jentsch eine Chance, die Jugend wieder stärker in den Sport am Wohnort einzubinden. "Nach dem Schulunterricht bleiben die Kinder in Quarmbeck und brauchen Beschäftigung", weiß Ilona Werner.

Derweil läuft das Sommerfest weiter mit dem Ausschießen des "Quarmbecker Schützenkönigs", mit Kinderkutschfahrten, Feuerwehrschauübung, Zauberei, Flohmarkt und Fassrollen. Das meiste ist kostenlos für die Kinder, denn "viele haben kein Geld", wie es Kerstin Rudel aus ihrer Arbeit im Awo-Stadtteilbüro kennt. Elisabeth Alt denkt schon an das nächste Sommerfest. Im Alter von fünf Jahren ist sie als Flüchtlingskind nach Quarmbeck gekommen: "Quarmbeck ist meine Heimat."