Profiboxen Profiboxen: Lennox Lewis zwingt Mike Tyson in die Knie

Memphis/Hamburg/dpa. - Der Olympiasieger von 1988 geriet nur in der ersten Runde inleichte Schwierigkeiten, als er sich einiger stürmischer Attackenseines 15 Zentimeter kleineren Kontrahenten erwehren musste. Danachzog Lewis seine boxerische Linie überlegt durch und kontrollierte dasGeschehen im Ring mit zunehmender Kampfdauer nach Belieben.«Eigentlich sollte ich Mike schon in Runde vier ausknocken, aber Mikekann ganz schön was wegstecken», analysierte Lewis. Der 40. Sieg inseinem 43. Profikampf bescherte ihm wie Tyson jeweils die Rekordbörsevon garantierten 17,5 Millionen Dollar plus Einnahmebeteiligungen.
Auch das endgültige Ende des mit einem geschätzten Umsatz von über100 Millionen Dollar (114 Millionen Euro) teuersten Kampfes der Box-Geschichte wurde vom Doppel-Weltmeister strategisch eingeleitet.Lewis knockte «Iron Mike» eingangs der achten Runde zunächst an undsetzte dann mit schweren Trefferserien an Tysons zu diesem Zeitpunktschon stark gezeichnetem Kopf nach, die den «Eisenschädel»schließlich 45 Sekunden vor Rundenende auf die Bretter zwangen.«Lennox hat toll gekämpft. Ich ziehe meinen Hut vor ihm. Alles, wasich vorher gesagt habe, war nur, um den Fight zu promoten»,behauptete der 35-jährige Tyson nach seiner vierten Niederlage im 53.Kampf.
Der «bad boy» der Box-Szene, der durch vielerlei Skandale fürSchlagzeilen gesorgt und Lewis am 22. Januar bei einerPressekonferenz ins Bein gebissen hatte, überschüttete seinenüberlegenen Gegner derart mit Komplimenten, dass viele sich imfalschen Film wähnten. «Man kann es glauben oder nicht, aber Lennoxund ich waren immer Freunde. Er weiß, dass ich ihn liebe undanerkenne. Ich respektiere ihn wie einen Bruder», beschrieb der Ex-Weltmeister das Verhältnis der beiden Box-Größen, die in Memphisunter dem Motto «Gut gegen Böse» angetreten waren. Angesichts vonTysons überraschenden Bekundungen rieb sich auch Axel Schulz zufrüher Stunde im «Premiere»-Studio die Augen. «Ich glaube, dasnächste Mal gehen sie Hand in Hand in den Ring», frotzelte dereinstige Europameister.
Die Schmuseworte des einstmals jüngsten Weltmeisters der Box-Geschichte, dessen Karriereende nun nicht mehr allzu weit entferntscheint, hatten natürlich ein handfestes Kalkül. «Mein Zahltag warwunderbar. Wenn er freundlich genug ist, möchte ich das noch einmalmachen», bettelte Tyson unmittelbar nach der Urteilsverkündung umeine Revanche. Lewis-Trainer Emanuel Steward («Das Duell war absolutungleich. Mike war nach der ersten Runde gar nicht mehr anwesend.»)blockte zwar ab und favorisiert zunächst wohl ein Duell mit Ex-Weltmeister Chris Byrd (USA). Der Champion selbst ließ die Zukunftaber offen. «Es kommt darauf an, was die Leute wollen. Ich werdedefinitiv darüber nachdenken. Aber jetzt ist alles möglich, sogarmein Karriereende», orakelte der stürmisch gefeierte Brite.