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Private Führer und viele «Bausteine»: Individuelle Reisen

Von Christian Röwekamp 27.11.2007, 09:49

Berlin/Köln/dpa. - Per Flieger nach Ibiza, mit dem Bus ins Hotel, 14 Tage unter der Sonne des Südens am Strand liegen und dann alles wieder retour: Auch heute gibt es noch die klassische Pauschalreise, wie sie schon in den 70er Jahren angeboten wurde.

Immer stärker aber gerät dieses Modell ins Hintertreffen: Als modern gelten sogenannte Bausteinreisen, bei denen sich die Touristen ihr Paket aus verschiedenen Komponenten zusammenstellen. Im Internet ist das genauso möglich wie im Reisebüro. Am Ende ist ein solcher Urlaub aus dem Katalog zwar noch immer eine Veranstalterreise mit allen Konsequenzen, die das deutsche Reiserecht so mit sich bringt. Aber es ist eben keine Tour mehr von der Stange. «Individualität» heißt das Zauberwort, mit dem die Veranstalter immer stärker um Kunden kämpfen.

«Alles redet von Bausteinen. Wer eine reine Pauschalreise bucht, gilt schon fast als Ausnahme», bringt es Klaus Laepple, der Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV) in Berlin, auf den Punkt. Laepple selbst spricht am liebsten von der «individualisierten Pauschalreise», die sich als Reiseform zunehmend durchsetze.

Ein Beispiel für den Erfolg des Bausteinmodells gibt nicht zuletzt die Anbietergruppe Dertour/Meier's Weltreisen/ADAC Reisen in Frankfurt/Main ab. Ihr Umsatz wuchs im Touristikjahr 2006/07 um 6,7 Prozent, während die Reisebranche insgesamt um drei Prozent zulegte. Flüge, Hotels, Bustouren, Tagesausflüge, Fährtickets, Eintrittskarten für Musicals und Transfers: Alles ist als Baustein kombinierbar.

Schon für den vergangenen Sommer brachten die drei zur Rewe-Touristik gehörenden Veranstalter 44 Kataloge in die Reisebüros, für den Sommer 2008 werden sie noch dicker: «Wir legen noch mal einen drauf», sagte Geschäftsführer Michael Frese bei seiner Katalogvorstellung. Neu ist dabei unter anderem, dass nun Hin- und Rückflüge mit verschiedenen Airlines erfolgen können. Da geht es dann zum Beispiel von Berlin nach Mallorca mit der Air Berlin und zurück mit der Condor, wenn das für den Gast einen Preisvorteil ergibt.

Längst gestalten auch andere Anbieter ihre Programme entsprechend: FTI aus München zum Beispiel macht für die kommende Sommersaison 81 Prozent der Katalog-Hotels auch ohne eine feste Fluganreise buchbar. Aus Sicht von FTI-Inhaber Dietmar Gunz fließen Pauschalreisen und Bausteinreisen inzwischen zusammen. Ein Grund dafür seien auch die «informierten Kunden», die mit klaren Vorstellungen von ihrer Tour ins Reisebüro kommen, gut gefüttert durch Preisvergleichs- und Hotelbewertungsportale im Internet und Bildern von Google Earth.

Bei manchen Anbietern sind auch die Touren auf den Katalogseiten inzwischen mehr eine Anregung als ein Produkt nach dem Motto «Buch' es, wie es ist - oder lass' es gleich sein.» Ein Beispiel sind die Mietwagen-Rundreisen des Nordamerika-Spezialisten Canusa: «Bei 95 Prozent unserer Kunden wird die Rundreise inzwischen individuell erstellt. Die in den Katalogen vorgestellten Reiseabläufe werden den persönlichen Bedürfnissen angepasst», sagt Inhaber Tilo Krause-Dünow in Hamburg. Wer in bestimmten Hotels ein paar Nächte länger bleiben will, kann das dazubuchen und das ursprüngliche Programm dann später fortsetzen oder es am Ende kürzen - all das ist kein Problem mehr.

Wer die Individualität auf die Spitze treiben will, kann bei Veranstaltern auch immer häufiger Privattouren buchen, bei denen der Reiseleiter nur ganz wenigen Gästen zur Verfügung steht. In Asien und Südafrika hat Thomas Cook Reisen gerade die Mindestteilnehmerzahl für bestimmte Programme von zwei auf eine Person reduziert. Und Studiosus startet gerade sein neues Produkt «Studiosus Individuell», bei dem Kleinstgruppen ab zwei Teilnehmern vom Reiseleiter betreut werden. 2008 stehen entsprechende Programme in China und Ägypten zur Auswahl.

Auch Branchengrößen wie TUI, die Rewe-Pauschaltouristik und Neckermann machen immer mehr Angebote für Individualisten. Bei den Rewe-Pauschalmarken ITS und Jahn Reisen machen Reise-Bausteine inzwischen schon 28 Prozent aller gebuchten Produkte aus. Neu ist nun erstmals in einer Sommersaison den Katalog «Jahn Reisen Individuell» mit 534 Hotels und Ferienwohnungen, die nicht mit einer festen Anreise gekoppelt sind. Hier kann der Gast in Eigenregie entscheiden, wie er zum Ziel kommt, etwa per Billigflieger oder mit dem Auto. Neckermann wiederum lässt seine Gäste Flüge zu 40 Zielen, mehr als 900 Hotels und Mietwagen-Arrangements in 16 Reisezielen kombinieren. Möglich werden dadurch Aufenthalte von zwei bis 28 Tagen am Urlaubsort.

«Sie können sechs Tage im Hotel bleiben oder zwölf oder 15. Fast alles ist möglich», beschreibt Klaus Laepple ganz praktische Vorteile der Individualisierung. Wobei sich der DRV-Präsident zugleich sicher ist, dass es auch viele Touristen gibt, die davon gar keinen Gebrauch machen wollen: «Die klassische Pauschalreise nach Ibiza mit 14 Tagen am Strand», so Laepple, «die wird es auch in 50 Jahren noch geben.»