Pferdesport Pferdesport: "Wunderstute" Halla starb vor 25 Jahren
Warendorf/Darmstadt - Im Sommer 1944 vergnügten sich Zuchtstute Helene und Traberhengst Oberst im Stall des Darmstädter Landwirts Gustav Vierling miteinander. Folge der zwischenpferdlichen Beziehung war ein braunes Fohlen. Der Züchter nannte die Kleine Halla und hatte nicht die geringste Ahnung, dass er die spätere „Wunderstute“ in seinem Stall hatte. So wurde Halla seit dem 17. Juni 1956 genannt, als sie ihren schwer verletzten Reiter Hans Günter Winkler fehlerlos über den Olympiaparcours in Stockholm getragen.
Das Ende der Wunderstute war allerdings weniger wundersam. Nach ihrem Tod vor 25 Jahren am 19. Mai 1979 in Darmstadt wurde ihr Kadaver in die Tierkörperbeseitigungsanstalt gebracht und dort unter anderem zu Seife verarbeitet. Doch die Legende, wonach Halla 1956 ohne reiterliche Hilfen den Parcours bewältigt haben soll, lebte weiter.
„Wusste Halla, um was es ging? Es war, wie wenn auf einem Schiffder Kapitän ausgefallen ist und der Steuermann allein die Navigationübernommen hat“, schwärmte Winkler in seinem Buch „Meine Pferde und ich“. Der Reiter hatte sich im ersten Umlauf des Olympia-Parcour seinen Muskel in der Leiste gerissen. Trotzdem ging er im entscheidenden Durchgang auf seiner Halla an den Start, schrie über mehreren Hindernissen laut vor Schmerzen und blieb trotz allem fehlerfrei. Damit hatten die Deutschen die Goldmedaille in der Mannschaftswertung gewonnen, und Winkler wurde Olympiasieger in der Einzelwertung.
„Halla war ein Genie und eine irre Ziege“, erzählt Winkler gerne über seine Stute. Mit dieser schwierigen Mischung war vor ihm noch keiner klar gekommen. Zunächst hatte sie eigentlich Rennpferd werden sollen. Doch auf der Rennbahn in Frankfurter-Niederrad lief Halla der Konkurrenz nur hinterher, deshalb wurde sie zum Hindernispferd umtrainiert. Gustav Rau vom Deutschen Olympia-Komitee für Reiterei (DOKR) sah das Pferd in einer Prüfung und war von dessen Sprungkraf tbeeindruckt. So musste Halla wieder das Metier wechseln und sollte nun ein Vielseitigkeitspferd werden. Doch die junge Stute konnte sich mit der Dressur nicht anfreunden. Entnervt gab das DOKR schließlich auf und rief bei Gustav Vierling an, er könne seine Stute abholen.
Der enttäuschte Besitzer wandte sich an Winkler, dieser übernahm Halla im Herbst 1951. Überzeugt war Winkler allerdings nicht. „Ich war ein unbekannter Reiter und war auf jedes Pferd angewiesen, das man mir anbot“, erzählt er. Als Winkler die Stute am 25. Oktober 1960aus dem Sport verabschiedete, hatte er mit ihr drei Mal Olympia-Gold und insgesamt 125 Springen gewonnen.
Halla starb im für Pferde biblischem Alter von 34 Jahren. Unvergessen bleibt sie nicht nur im westfälischen Warendorf, dem Sitzdes DOKR und der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), wo eine Straße nach ihr benannt wurde und eine lebensgroße Bronze-Plastik ansie erinnern. Und Halla bleibt im doppelten Sinne einmalig: Kein anderes Pferd darf laut FN den Namen Halla erhalten. (dpa)