Pferdesport Pferdesport: Otto Becker wagt Sprung ins Ungewisse
Sendenhorst/Mühlen/dpa. - Otto Becker wagt den Sprung insUngewisse. Der Weltklasse-Springreiter hat sich selbstständig gemachtund einen eigenen Hof bezogen. Die letzten Pferde hat der zweimaligeMannschafts-Olympiasieger in den vergangenen Tagen von der Anlageseines langjährigen Arbeitgebers und Geschäftspartners PaulSchockemöhle im niedersächsischen Mühlen abgeholt und so denendgültigen Schnitt vollzogen - rechtzeitig vor Beginn der Weltcup-Saison, die am Wochenende in Oslo startet.
«Natürlich ist das eine Abnabelung von Paul», sagt der 45-Jährigean seinem neuen Wohnsitz im westfälischen Sendenhorst bei Münster.Und betont zugleich: «Es gibt überhaupt keinen Streit oder Ärger,aber es wurde einfach Zeit, etwas Eigenes zu machen.» Schockemöhle,bei dem früher mit Ludger Beerbaum, Franke Sloothaak, Becker undanderen die halbe Nationalmannschaft arbeitete, hat seit langer Zeitdas erste Mal keinen deutschen Spitzenreiter in seinem Stall.
Mehr als acht Jahre hat Becker mit und für den dreimaligenEuropameister Schockemöhle gearbeitet. In dieser Zeit gewann er nichtnur zwei olympische Goldmedaillen, sondern auch den Weltcup-Titel2002 in Leipzig sowie die weltweit wichtigsten Großen Preise inAachen und im kanadischen Spruce Meadows.
«Der Zeitpunkt war jetzt einfach gekommen», meint Becker. Diekommenden vier, fünf Jahre soll der Sport noch im Vordergrund stehen,doch die Ausbildung von jungen Reitern und Pferden sowie der Handelsollen langfristig immer wichtiger werden. Bei der Wahl des neuenDomizils wollte er nicht nur sportliche und geschäftliche, sondernauch familiäre Dinge berücksichtigen. «Julia hat in Münster studiertund fühlt sich dort wohl», berichtet er über seine Frau, die er nachder Trennung von seiner ersten Frau Nicole Uphoff vor vier Jahrengeheiratet hat. Gemeinsam haben sie eine dreijährige Tochter underwarten in wenigen Tagen erneut Nachwuchs.
«Das Münsterland ist das Zentrum des deutschen Reitsports, und dieLage ist auch für die Wege zu den wichtigsten Turnieren ideal», sagtBecker. Vorteile, die vor Becker auch schon andere Reiter wieBeerbaum (Riesenbeck) und Sloothaak (Borgholzhausen) ins Münsterlandund die nähere Umgebung gelockt haben. Im Umkreis von weniger als 100Kilometern leben genug starke Reiter für zwei Nationalteams.
Mehr als ein Jahr ist Becker zuletzt gependelt, weil nach demUmzug in das renovierte Bauernhaus die Stallungen noch nicht fertigwaren und seine Pferde weiter in Schockemöhles Stall standen. «Ichbin froh, dass das vorbei ist», gibt Becker zu: «Ich habe den Stressein bisschen unterschätzt.» Der aus dem fränkischen Großostheimstammende Reiter ist ohnehin genug auf Achse. An mehr als 40Wochenenden reitet er bei Turnieren. Und die Fahrt am Donnerstag nachNorwegen führt noch nicht einmal zu dem am weitesten entferntenWeltcup-Turnier.