Pazifikinsel Pazifikinsel: Paul Gauguin und Jacques Brel

Atuona/dpa. - Als Paul Gauguin am 8. Mai 1903 auf Hiva Oa starb, da hatte er auf der französischen Pazifikinsel keineswegs nur Freunde. Insbesondere die Behörden und die katholische Geistlichkeit hatte der Maler durch seinen unorthodoxen Lebensstil gegen sich aufgebracht. Ein Jahrhundert später ist der Zivilisationsflüchtling dagegen längst der große Liebling auf Hiva Oa: Am 8. Mai wird in einer Feierstunde des Künstlers gedacht, das Festprogramm erstreckt sich über drei komplette Tage. Doch auch über diesen Anlass hinaus soll Gauguin künftig noch stärker Touristen auf die Insel locken: Ein neues Kulturzentrum mit einem Nachbau seines Hauses wird im Hauptort Atuona eröffnet, ein «Tropenatelier» soll junge Maler inspirieren.
Gauguins «Maison de Jouir» war bald nach seinem Tode abgerissen worden, erst Jahre später wurde eine Replik erstellt - und am falschen Ort aufgebaut. Der neue Nachbau steht nun am Originalplatz, sagt Atuonas Bürgermeister Guy Rauzy. Drumherum wurden drei Bungalows für Bildhauer und Maler errichtet, die bei freier Logis ihrem großen Vorbild nacheifern sollen. «Gauguins Wunsch war es, ein Tropenatelier zu errichten. Dieser Wunsch wird jetzt erfüllt», freut sich Rauzy.
Gleich nebenan befindet sich auch das neue Gauguin-Museum, das in vier Hallen die unterschiedlichen Schaffensperioden des Künstlers zeigen wird. Auf Hiva Oa verbrachte der 1848 geborene Franzose schließlich nur die letzten 20 Monate seines Lebens, und das Museum soll neben den auswärtigen Besuchern auch den Einheimischen nun jene Zeiten näherbringen, die Gauguin zum Beispiel in der Bretagne oder auf Tahiti verbracht hat. Zu sehen sein werden unter anderem Kopien von Gauguins Bildern, die das Künstlerehepaar Viera und Claude-Charles Farina bereits größtenteils in Atuona angefertigt hat. «Die Originale können wir uns leider nicht leisten», sagt Rauzy.
Paul Gauguins schlichtes Grab auf dem Calvaire-Friedhof wird immer dann besonders oft besucht, wenn Touristenboote vor Hiva Oa den Anker werfen. Etwas anders ist das mit dem Grab von Jacques Brel, das sich nicht weit entfernt von dem Gauguins befindet und häufig auch von den Einheimischen aufgesucht wird. Der belgische Sänger hat ebenfalls einige Zeit in Atuona verbracht und wollte nach seinem Krebstod 1978 unbedingt hier begraben werden. «Anders als Gauguin hat Jacques Brel jeden Tag auf Hiva Oa genossen», sagt Josette Manjard vom Ausschuss, der die Gauguin-Feiern vorbereitet. Und anders als bei Gauguin leben bei Brel noch genug Insulaner, die ihn persönlich gut gekannt haben.
«Ich erinnere mich daran, wie Jacques Brel eines Abends an den Strand kam und sich mit einer Flasche Wein zu uns setzte», erzählt Peperu Haitaa, damals ein junger Mann und heute Adventistenpfarrer in Atuona. «Er sagte, er sei Sänger, und wir gaben ihm eine Gitarre. Aber was er sang, gefiel uns nicht, und wir sagten ihm, er solle besser wieder aufhören.» Brel war damals in Europa schon sehr bekannt, aber auf Hiva Oa zählte das alles nicht. «Die Menschen hier mochten Brel sehr, aber nicht seine Lieder», erinnert sich Haitaa.
Auch bei Jacques Brel gibt es 2003 einen besonderen Gedenktag: Am 9. Oktober jährt sich sein Tod zum 25. Male. An der Stelle oberhalb Atuonas, wo der Chansonnier ein Haus bauen wollte, erinnert bereits seit längerem eine Plakette an ihn, und im Mai werden nahe des neuen Gauguin-Museums die Arbeiten für ein Jacques-Brel-Zentrum beginnen. Die Fertigstellung ist rechtzeitig zum 9. Oktober geplant, so Rauzy.
So sehr all das zwar den Beifall der Einheimischen findet - völlig zufrieden sind sie mit der Entwicklung nicht, weiß Pastor Peperu Haitaa: «Das Gedenken an Gauguin und Brel sei zwar gut, sagen viele. Aber die Insel ist mehr als nur der Friedhof. Viele Menschen auf Hiva Oa wünschen sich, dass auch stärker an ihre polynesische Vorfahren, an Häuplinge und Krieger erinnert würde - auch für die Touristen.»