1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Paris zeigt umstrittenes Spätwerk von Renoir

Paris zeigt umstrittenes Spätwerk von Renoir

Von Sabine Glaubitz 23.09.2009, 13:23

Paris/dpa. - Die Nachwelt hat aus Pierre-Auguste Renoir einen der bedeutendsten Maler des Impressionismus gemacht. Ein Stil, dem er als knapp 40-Jähriger um 1880 jedoch den Rücken kehrte, um eine ganz persönliche Malweise zu finden, die widersprüchliche Reaktionen auslöste.

So begeistert die einen über die farbenfrohen drallen Frauenakte waren, so schockiert waren die anderen über die üppigen Körper, die an antike Nymphen erinnern. Dieses umstrittene Spätwerk Renoirs steht im Mittelpunkt der bis zum 4. Januar dauernden Ausstellung im Pariser Grand Palais, die die letzten Schaffensjahre des Künstlers (1841-1919) in ein neues Licht rücken will.

«Auch heute noch stößt das Spätwerk Renoirs auf Unverständnis und ist dem breiten Publikum nicht sehr bekannt. Das war einer der Gründe, warum wir die letzten dreißig Jahre des Künstlers zeigen wollten», sagte die Kuratorin Sylvie Patry. Und so sucht man vergeblich nach «Bal au moulin de la Galette, Montmartre», seinem zweifellos wichtigsten Werk aus dem Jahr 1876 und eines der Meisterwerke des beginnenden Impressionismus. Die 110 Werke sind alle in den letzten drei Jahrzehnten seines Lebens entstanden, das heißt in den Jahren 1890 bis 1919, dem Jahr seines Todes.

Diese Zeit war ein wichtiger Wendepunkt im künstlerischen Schaffen Renoirs. Denn nach der impressionistischen Phase der Jahre 1870-1880 stellte der Künstler seine Malerei zutiefst in Frage: «Um 1883», so schreibt der Künstler an seinen Händler Ambroise Vollard, «trat so etwas wie ein Bruch in meinem Werk ein. Ich war dem Impressionismus bis an die äußere Grenze gefolgt und musste feststellen, dass ich weder malen noch zeichnen konnte. Mit einem Wort, ich war in einer Sackgasse.»

Und so entfernte sich Renoir allmählich von den sich in vibrierenden Farbtupfern auflösenden Formen. Seine Zeichnung wurde wieder präziser und seine Ausführung glatter. Er weist in seinen Frauendarstellungen der Figur wieder ihre Hauptrolle zu. Ihre festen und üppigen Formen und die Leuchtkraft der Fleischfarbe erinnern an die Frauenakte von Rubens oder Tizian.

«Er entwickelte eine Art Obsession», erklärte die Kuratorin. Renoir, der als Maler des zeitgenössischen Lebens galt, wandte sich um 1895 herum tatsächlich einer Kunst zu, die er als zeitlos verstand und die den Meistern der Vergangenheit und der Antike würdig war. Von nun an wollte er ein klassischer «Figurenmaler» werden, indem er als Lieblingsmotiv den Frauenakt wählte. Der Bezug auf die Antike kommt besonders offenkundig bei dem Werk «Eurydike» zum Ausdruck: Im Vordergrund eine Badende in monumentalen Dimensionen, im Hintergrund drei jungen Frauen, die eine Statue mit Blumengewinde krönen.

Zahlreiche junge Maler haben sich von Renoir beeinflussen lassen, so auch Picasso. Zu der persönlichen Sammlung des Spaniers gehörten sieben Renoirs, darunter diese herrliche sitzende Badende im Freien aus dem Jahr 1895. Ihr fülliger, fast schon monumentaler Körper hat eindeutig die kolossalen Frauen Picassos beeinflusst, die er in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts gemalt hat, einer Zeit, in der er zum Klassizismus zurückgekehrt war - ähnlich wie Renoir.

Renoir hat in seinen Spätwerken eine starke persönliche Handschrift entwickelt, die sich durch eine sinnlich-liebenswerte Stimmung charakterisiert, langen und frei geführten Pinselstrichen und herrlich warmen Farben. Immer wieder gehören Frauenakte, Porträts und einige Landschaften zu seinen Hauptmotiven.

Auch wenn die Akte und Porträts mit ihren rosa geschminkten Gesichtern und vollen Lippen auf viele kitschig wirken, hat die Ausstellung den Verdienst, nach mehr als zwanzig Jahren, einem der bedeutendsten Künstler des 19. Jahrhunderts wieder eine Retrospektive zu widmen. Sie zeigt, dass Renoir meisterhaft das Zeichnen beherrschte und ein Virtuose in der Wiedergabe des Lichts war.

www.rmn.fr