Nebenwirkung Nebenwirkung : Suchtgefahr durch Nasenspray

Halle (Saale) - Es zählt zu den am meisten verkauften Arzneimitteln in deutschen Apotheken: Nasenspray. In der Schnupfenzeit machen uns trockene, beheizte Räume zu schaffen.
Dann helfen viele Deutsche gerne nach, um eine freie Nase zu bekommen. Aktuelle Studien zeigen jedoch: Nasenspray kann bei übermäßigem Gebrauch süchtig machen.
Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland rund 100.000 Abhängige. Ursula Gütle, Vorstandsmitglied im Landesapothekerverband und Inhaberin einer Apotheke in Halle, erklärt den korrekten Gebrauch.
Welche Bestandteile des Nasensprays können süchtig machen?
Ursula Gütle: Das sind verschiedene Zoline wie Xylometazolin oder Oxymetazolin - Wirkstoffe, die die zuständigen Rezeptoren aktivieren. Es kommt zu einer Verengung der Blutgefäße und dem ersehnten Abschwellen der Schleimhaut.
Gilt das auch für Nasensprays aus dem Drogeriemarkt?
Ursula Gütle: „Nein, der Wirkstoff ist apothekenpflichtig“, sagt Ursula Gütle. Die in Drogeriemärkten erhältlichen Nasensprays enthielten meist nur Kochsalz und pflegende Wirkstoffe wie Dexpanthenol.
Wie macht sich eine Sucht bemerkbar?
Indem die Schleimhäute irgendwann nicht mehr von allein abschwellen. Man entwickelt einen medikamentösen Schnupfen, einen Privinismus. „Der Kranke hat ständig das Gefühl, die Nase ist verstopft und greift immer wieder zu abschwellenden Mitteln. Ein Kreislauf“, sagt die Apothekerin.
Welche körperlichen Folgen drohen?
Mit dem übermäßigen Gebrauch kann man sich die Nasenschleimhäute zerstören. Im schlimmsten Fall verliert man den Geruchs- und Geschmackssinn. „Ich sage es mal salopp: Irgendwann schmeckt alles nur noch nach Pappe“, so Gütle.
Wie leisten die Apotheken Aufklärungsarbeit?
Nach Erfahrung der Apothekerin gibt es Patienten, die mit der Großpackung von 20 Millilitern (normal sind zehn Milliliter) nicht über die normale Erkältungsdauer von sieben Tagen hinkommen. „Wir beraten und weisen darauf hin. Die Patienten daran hindern, dass das Hilfsmittel woanders gekauft wird, können wir leider nicht.“ Der abschwellende Wirkstoff sei zwar apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtig.Gibt es Alternativen zu Nasenspray oder -tropfen?
Sind bei einer Erkältung die Schleimhäute so stark angeschwollen, dass die Atmung beeinträchtigt ist, hilft nur ein Wirkstoff wie Oxymetazolin. Nutzt man Nasensprays oder Nasentropfen aber maximal sieben Tage lang drei Mal am Tag, sollte nichts passieren, erläutert Gütle. „Empfehlen kann ich außerdem Nasenspülungen mit Meersalz. Die zugehörigen Packungen sind genau dosiert, so dass man die richtige Menge verwendet.“ Für Allergiker, die häufig ganzjährig von einer verstopften Nase betroffen sind, gebe es anti-allergische Nasensprays. Die wirken nicht sofort, man sollte vorsorglich dazu greifen, wenn man wisse, worauf man reagiere, so Gütle.
Wie kann man sich entwöhnen?
Apothekerin Gütle ist überzeugt, dass ein sogenannter kalter Entzug funktionieren kann: „Das ist zu großen Teilen Kopfsache.“ Ähnlich sieht es der hallesche Apotheker Christoph Jacke. Seiner Erfahrung nach kann die Entwöhnung auch mit einer Reduzierung der Dosis gelingen (siehe Grafik: So kann die Entwöhnung gelingen). In jedem Fall sollten Betroffene vorab einen Arzt konsultieren. (mz)