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Nachhilfe in Dessau Nachhilfe in Dessau: Bessere Schulnoten dank der "Kleinen Arche"

Von silvia bürkmann 10.02.2014, 13:47
Finn-Jonas und Selina bekommen bei Fragen zu ihren Hausaufgaben Hilfe von Christin Knie (l.).
Finn-Jonas und Selina bekommen bei Fragen zu ihren Hausaufgaben Hilfe von Christin Knie (l.). Lutz Sebastian Lizenz

dessau/MZ - Die Zeugnisausgabe - sie schwebte im vorigen Jahr wie ein dunkles Verhängnis über den tief gesenkten Kinderköpfen. Das strenge Noten-Register machte das schlichte Papier zum „Giftblatt“ und erfüllte den Weg nach Hause mit Angst und Scham. Kein schöner Ferienstart. Aber 2014 war anders!

Da steckten die zwei Michelles in der „Kleinen Arche“ in Dessau neugierig ihre Blondschöpfe zusammen: „Sag mal, was du gekriegt hast?!“ Die größere Michelle (zwölf Jahre, Michi genannt) aus der 6a der Ganztagsschule Zoberberg, erzählt, dass sie sich in Mathe verbessert und gar keine Vier mehr auf dem Zeugnis hat. Die kleinere Michelle („Miesche“, 10) aus der 5a der Sekundarschule Kreuzberge freut sich über eine Zwei in Mathe und strahlt über die Eins in Bio. Der siebenjährige Finn-Jonas steckt noch im zweiten Jahr der Schuleingangsphase. Aber er hat schon eindeutig seine Favoriten: „Im Sachunterricht hatte ich jetzt eine Eins und auch im Sport beim Ausdauerlauf. Musik. Gestalten. Mathe. Eigentlich mag ich alles. Außer Deutsch.“

Fester Anlaufpunkt für benachteiligte Kinder

Da trifft der Jüngste in der Runde den Nerv eines der Erfahrensten. Connor (12) lernt am Gymnasium Philanthropinum: „Verbessern konnte ich mich in Geschichte. Ganz stolz bin ich auf die 2 in Physik. Bei der Lehrerin, die schon meinen Vati unterrichtete! Aber in zwei Fächern setzte es die 5: In Musik - Hilfe, die Noten! - und in Deutsch - Textarbeit: auweia.“ Da ist Nachhilfe angeraten.

Internet:
www.kleine-arche-dessau.de

Telefon:
0340/ 87019077

Connor zählt mit Michi zu den Kindern, die die „Kleine Arche“ in der Törtener Straße Dessaus von Anbeginn besuchen. Das Haus in der Plattenbausiedlung, die Rückbau- und Stadtumbaugebiet wurde, ist seit 2010 täglich für 18 bis 20 Kinder aus dem sozialen Brennpunkt der Stadt ein fester Anlaufpunkt. Sie bezeichnen es selbst als „Rettungsboot“.

Initiiert wurde die „Kleine Arche“ 2008 von engagierten berufstätigen Frauen im Club Soroptimist International Dessau/Wörlitz und befindet sich seit 2010 in Trägerschaft der Johanniter Unfallhilfe. Betreut werden in der „Kleinen Arche“ sozial benachteiligte Kinder.

Regeln gemeinsam aufstellen

Wenn die Mädchen und Jungen täglich zur Mittagszeit die Stufen hinaufsteigen, sehen sie das Plakat „Ein Platz für uns“, und sie wissen: Hier warten Freunde, Betreuer, Vertrauenspersonen. Da werden Schuhe und Jacken nicht in die nächstbeste Ecke geschmissen, sondern ins Regal gestellt und auf den Bügel gehängt. Und jeder Anwesende und Neuankömmling wird freundlich begrüßt.

„Die Kinder brauchen feste Regeln und Strukturen. Umso mehr, wenn sie das von Zuhause nicht kennen“, sagt Arche-Leiter Bruno Zur. Die Kinder stellen die Regeln gemeinsam mit ihren Betreuern selbst auf: Wir sagen bitte und danke. Wir helfen einander. Gewalt ist nicht erlaubt! Und mit diesen Regeln läuft für die Arche-Kinder der Tag nach Ritualen: Ankommen, Erzählen, gemeinsamer Mittagstisch, Tagesfahrplan, Entspannung mit Geschichten und Träumen, dann Hausaufgaben und Nachhilfe. Zum Wochenende eine „Tafelrunde“.

Für die Hausaufgabenzeit gibt es in der „Arche“ kleine Inseln. Die Größeren haben im Teenagerraum zwei Computer, und die 19-jährigen Abiturientinnen Christin und Johanna vom Freiwilligen Sozialen Jahr stehen ihnen zur Seite. Den Kleinen helfen vier ehrenamtliche Nachhilfelehrerinnen. Individuell wird der Lernstoff wiederholt oder für die Klassenarbeit geübt. Geduld, Motivation, Zuspruch und Belohnung - nach diesem Modell haben die Kinder in der „Arche“ die Lust am Lernen wiedergefunden, sind Bruno Zur, Bürgerarbeiterin Heidrun Borrmann und 20-Stunden-Kraft Andrea Lomsché-Manchon am Schuljahrsende überzeugt. Stolz erzählen sie: Mit der „Arche“ ist noch keiner sitzen geblieben!

„Ort zum Glücklichsein“

Aber es wird nicht nur der Unterrichtsstoff nachbereitet. Es gibt viele andere Angebote: Ergotherapeuten trainieren Aufmerksamkeit und Konzentration. Die Ehrenamtlerin und frühere Grundschulleiterin Sigrid Lomsché findet Zulauf in der „Schreibwerkstatt“, Mechthild Große macht Musik mit den Kindern. Und in Holzwerkstatt und Nähstube basteln zwei Rentner mit den Kindern an Vogelhaus oder Küchenschürze.

Die Mädchen und Jungen beschreiben ihre „Arche“ als „Ort zum Glücklichsein“. Dass die Einrichtung hilft, gut zu lernen und damit Zukunftschancen zu wahren, ist den Erwachsenen wichtig. Die Kinder werden das erst später zu schätzen wissen.