«MZ-Serie»: WM 1954: Werner Kohlmeyer «MZ-Serie»: WM 1954: Werner Kohlmeyer: «Mordskerl» landet unter den Brücken
Kaiserslautern/MZ. - Im Geschäftsbereich des 1. FC Kaiserslautern auf dem Betzenberg entdeckt man "Kohli" allenfalls auf den Fotos der Meistermannschaften von 1951 und 1953. Über dem Toto-Lotto-Laden in der Richard-Wagner-Straße 37 in Kaiserslautern steht zwar "Werner Kohlmeyer". "Der Name hat aber nichts mit meinem Vater zu tun", betont der 56-jährige Sohn. "Ich heiße auch Werner." Der Junior legt Wert darauf, das Geschäft von der Mutter übernommen zu haben. Das Verhältnis damals zum Vater nennt er "schwierig und zwiespältig". Die Ehe wurde geschieden. Der Vater verfiel dem Alkohol.
Auch in Sönke Wortmanns Film "Das Wunder von Bern" bleibt nichts von einem Vermächtnis des 22-maligen Nationalspielers übrig. Seine Heldentat auf der Linie, mit der der "Mordskerl" (Rundfunkreporter Herbert Zimmermann) das dritte Tor der Ungarn verhinderte, wird nicht gezeigt. Sehr zum Leidwesen des Kohlmeyer-Doubles Christian Broos. Der Ex-Profi des VfL Bochum und jetzige Co-Trainer des SV Wuppertal hatte sich mit der bewegenden Vita Kohlmeyers intensiv beschäftigt. "Es hat mich sehr berührt, dass so ein Held nach der Weltmeisterschaft im Leben nicht mehr klarkam."
Kohlmeyer war am 26. März 1974, dreieinhalb Wochen vor seinem 50. Geburtstag (19. April), an den Folgen eines Herzinfarkts in Mainz-Mombach gestorben. Die Trauerfeier zwei Tage später fiel auf Sepp Herbergers 77. Geburtstag. Bis auf den schwer erkrankten Toni Turek und Jupp Posipal waren unter den fast tausend Trauergästen alle Berner Weltmeister erschienen.
Sieben Jahre zuvor hatte bei der Feier zu Sepp Herbergers 70. Geburtstag Werner Kohlmeyer als einziger Weltmeister gefehlt. Er sei nicht eingeladen gewesen, ist die eine Version, er sei nicht aufzufinden gewesen, die andere. Kohlmeyer führte das Leben eines Clochards. Der Journalist Ulfert Schröder schrieb nach einem Besuch ein Jahr vor Kohlmeyers Tod: "Gäbe es in Kaiserslautern so viele Brücken wie in Paris, Werner Kohlmeyer hätte damals unter den Brücken von Kaiserslautern geschlafen. Die Mühle des Vergessens hat Kohlmeyers Ruhm zermahlen."
Der ehemalige Lohnbuchhalter fand erst 13 Jahre nach dem Triumph von Bern wieder Boden unter den Füßen, zunächst als Hilfsarbeiter auf dem Bau, dann als Pförtner der Mainzer Verlagsanstalt. In der Pförtnerbude des Zeitungshauses hatte Kohlmeyer dem Journalisten Schröder von seinem Schicksal erzählt. Der notierte dabei auch diese zwei Kohlmeyer-Zitate: "Alles, was nach der WM kam, war wie ein einziges verlorenes Wochenende." Und: "Hätte ich doch nie Fußball gespielt."
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