1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. MZ-Gespräch mit Skisprung-Bundestrainer Reinhard Heß: MZ-Gespräch mit Skisprung-Bundestrainer Reinhard Heß: «Das ist kein Wunschkonzert»

MZ-Gespräch mit Skisprung-Bundestrainer Reinhard Heß MZ-Gespräch mit Skisprung-Bundestrainer Reinhard Heß: «Das ist kein Wunschkonzert»

07.02.2002, 20:44

Salt Lake City/MZ. - Slalom-Olympiasiegerin Hilde Gerg meint,Favorit genannt zu werden sei eine Auszeichnung.Sie hören das nicht gern, wenn Ihre Springerso betitelt werden.

Heß: Da ich das so oft höre, antworteich nicht weniger oft: Das Leben ist keinWunschkonzert. Ich sehe mich einfach nur alseinen Realisten. Dass wir um die Medaillenmitspringen wollen, haben wir aber stets hervorgehoben.Hilde Gerg sagt doch auch, dass die Abständezwischen den Besten immer geringer werden.In den alpinen Disziplinen sind das Hundertstelsekunden.Im Skispringen ist das, wenn auch auf andereArt, nicht anders. Da entscheiden auch Kleinigkeitendarüber, ob es Platz eins oder acht wird.Die wachsende Zahl von Anwärtern auf Siegund Medaillen sehe ich durchaus als eine erfreulicheEntwicklung an. Das macht unseren Sport interessanter.

Ist es nicht ein Gefühl der Überlegenheit,wenn Sven Hannawald und Martin Schmitt aufdas erste Training auf der Olympia-Normalschanzeverzichtet haben?

Heß: Die Beiden wären mir vor Müdigkeitvielleicht vom Schanzentisch gefallen. Siewaren nach unserer Anreise erst nachts umhalb Eins im Bett. Sven und Martin solltenreif genug sein, wenige fehlende Sprünge wegzustecken.

Also doch die coolen Typen, die sich ihrerSache sicher sind?

Heß: Das ist nicht ihre Denkart. Beide,der Martin in dieser Saison mehr, haben erkannt,dass die Rivalen nur auf eine Schwäche vonihnen warten. Es war vernünftig, dass siesich erst einmal ausgeruht haben. Das hatübrigens nur für sie gegolten, da sie schonfür das Springen qualifiziert sind. Die Anderenhaben gleich für den Qualifikations-Wettbewerbtrainieren müssen.

Weilten Sie mit den Springern kurz vorden Spielen zu "geheimen" Trainingslagernund Materialtests, weil sich so die in Lillehammerund Nagano 1998 erfolgreichen Teams vorbereitethatten?

Heß: Bewährtes sollte man nicht überBord werfen. Diese Camps waren auch dafürwichtig, dass wir uns noch einmal klar gesagthaben, welch wichtige Ereignisse bevorstehen.Auch hin und wieder ein Glas Bier gehörtedazu.

Wäre es Ihnen lieber gewesen, wenn inSalt Lake City zuerst auf der Großschanzegesprungen worden wäre, auf der die Deutschenbesondere Stärken haben?

Heß: Das ist so Tradition und wirdwegen uns kaum geändert werden. Es wäre reizvollgewesen. Aber so können die Athleten nochmalsihre Dynamik beim Absprung testen und sichfür das Springen auf der Großschanze im Trainingauf die Aerodynamik konzentrieren. Also hatalles etwas Gutes an sich.

Ist es für Sven Hannawald ein Vorteil,dass er hier nicht von so vielen Fans belagertwird und sich so besser konzentrieren kann?

Heß: Solche Überlegungen spielen füruns keine Rolle. Ein Springer von seinem Formatmuss mit jeder Situation fertig werden können.