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Motorsport Motorsport: Vizemeister ohne Trainingschance im Ort

Von Andreas Bürkner 14.10.2007, 15:06

Straßberg/MZ. - Ihr Traum, quasi vor der Haustür auf einer eigenen Strecke trainieren zu dürfen, konnte nicht verwirklicht werden, weil sich bis heute einige Entscheidungsträger erfolgreich dagegen gewehrt haben.

Fast klingt es wie eine schallende Ohrfeige für die Kommune, wenn Heiko Schuller sagt: "Wir hätten in diesem Jahr die Deutschen Meisterschaften in Straßberg haben können." Verbunden gewesen wäre das mit der Unterbringung und Verpflegung von einigen hundert Aktiven und Betreuern, ganz abgesehen von den Umsätzen durch Zuschauer. Diese Chance war vorhanden, weil der Landesverband von Sachsen-Anhalt turnusgemäß als Ausrichter an der Reihe war, doch letztlich mussten die Straßberger die Meisterschaftsläufe deshalb in Stendal-Borstel bestreiten, mit großem Erfolg: Heiko Schuller wurde nach 2002 zum zweiten Mal Deutscher Vizemeister. Gleiches gelang in seinem ersten richtigen Wettkampfjahr auch Sebastian Köhn, dem nach dem Sieg im ersten Rennen ein abgerissener Auspuff im zweiten Lauf alle Titelträume verdarb.

Im Unterschied zu den Crossern erfolgt im Motorrad-Biathlon ein Wellenstart mit jeweils drei Aktiven, aber nicht mit laufenden Motoren: Die Maschinen stehen in einer Entfernung von etwa 60 Metern hinter der Startlinie, die Zeit zu Fuß bis dahin und das Starten bis zum Überfahren der Linie geht mit dem Faktor zehn in die Wertung ein. Mancher Fahrer verlor so schon vor dem eigentlichen Wettbewerb über 45 Minuten inklusive Schießeinlage viel Zeit, wie auch Heiko Schuller vom Motorsportclub (MSC) Straßberg, der auf der Strecke mit seiner MZ sogar schneller war als der neue Meister aus Zschopau. "Der braucht sich allerdings um nichts zu kümmern. Mutti versorgt ihn und Papa bastelt an der Maschine", blickt Heiko etwas neidisch auf das Umfeld beim Gegner. Der 36-jährige, er hat 1995 mit diesem Sport begonnen, dominiert seit sechs Jahren seine Klasse in Sachsen-Anhalt nach Belieben, wurde jedes Jahr auch Landesmeister, muss sich aber um alles selbst kümmern. Zum Glück kann er sich als Betreiber eines kleinen Fahrzeug- und Zubehörladens die Zeit selbst einteilen, "doch wenn wir hier nicht üben können, sehe ich für die Zukunft schwarz." Dann würde eine über vierzigjährige Tradition in Straßberg verschwinden, ist sich der Vizechef des kleinen Vereins mit einem Dutzend Mitglieder sicher. Meist würden aus den geschilderten Gründen die Rennwochenenden zum Training genutzt. Die Zahl sei wegen weniger Ausrichtern begrenzt, das treffe aber nicht auf die Straßberger zu.

Neben einem Rennwochenende in Reinstedt organisierten die Harzer mit Leipziger Freunden ein zweites in Dieskau bei Halle. Zum Team der "Waldheitzer", die Schreibweise begründet Schuller damit, "weil wir den Wald nicht verbrennen", gehört auch Talent Sebastian Köhn (15). Er fährt erst seit einem guten Jahr Rennen und wurde 2007 immerhin schon Dritter der Landesmeisterschaft sowie bester Nachwuchsfahrer und ebenso wie Schuller Deutscher Vizemeister.

"Natürlich würde ich gern weitermachen und in einer höheren Klasse einsteigen", so der Gymnasiast, "aber Training wäre schon wichtig." Schuller, der die Hoffnung auf eine Straßberger Piste und Deutsche Meisterschaften im Ort nicht aufgeben will, sieht dafür Potentiale: "Weil sonst nicht viel für die Jugend passiert, gibt es genug Interessenten im Ort."