Motorsport Motorsport: Manfred von Brauchitsch ist tot

Schleiz/dpa. - Rennlegende Manfred von Brauchitsch ist tot. Der rasende Aristokrat starb nach einer wechselvollen sportlichen und politischen Karriere am Mittwoch im Alter von 97 Jahren in seinem Haus in Gräfenwarth bei Schleiz. In den 30er Jahren im Silberpfeil berühmt geworden, als «Hochverräter» in den Zeiten des Kalten Krieges in der Bundesrepublik Deutschland geächtet und als Vorzeigefunktionär in der DDR zu neuem Ruhm gekommen, verlief das Leben des am 15. August 1905 in Hamburg als Sohn einer preußischen Offiziersfamilie geborenen von Brauchitsch mit vielen Höhen und Tiefen.
Der blaublütige Fahrer zählte neben den schon lange gestorbenen Rudolf Carracciola, Bernd Rosemeyer und Hans Stuck, dessen Todestag sich am Samstag zum 25. Mal jährt, zu den schnellsten und kühnsten Cockpit-Künstlern vor dem Zweiten Weltkrieg. Mit 24 begann von Brauchitsch seine Karriere auf vier Rädern. Als Seriensieger im legendären Silberpfeil, in dem er am 3. Juni 1934 auf dem Nürburgring den ersten Erfolg des neuen «Wunderautos» W 25 von Mercedes-Benz feierte, stieg er zum PS-Volkshelden auf. Zu seinen größten Triumphen zählten die Grand-Prix-Siege in Monaco 1937 und Frankreich 1938.
Rennfahren war für den Vollblut-Piloten in erster Linie sportliche Herausforderung. «Vor einer Kurve das Gas wegnehmen und irgendwie durchzurutschen, das war's», schwärmte er noch als rüstiger 90- Jähriger über den damaligen Kampf auf den Kursen. Der Wandlung des Motorsports zur High-tech- und Milliarden teuren Glitzer-Show stand der nüchterne Norddeutsche skeptisch gegenüber. «Die aktuelle Szene ist weit weg vom Ursprung. Damals waren wir auch mit 320 Sachen unterwegs, das aber mit schmalen Reifen, nicht angeschnallt und nur mit dünnen Lappen auf dem Kopf.» Am 2. September 1939 - einen Tag nach Kriegsbeginn - bestritt er beim Großen Preis von Belgrad sein letztes Rennen.
Aber auch nach seiner Rennkarriere schrieb von Brauchitsch Schlagzeilen - als politisch engagierter Sportfunktionär. Dem Hitler- Regime diente er zunächst als Sturmführer im Nationalsozialistischen Kraftfahrer-Korps. 1944 wechselte er ins Rüstungsministerium als Referent. Nach dem Krieg wanderte von Brauchitsch für kurze Zeit nach Argentinien aus und wurde nach seiner Rückkehr 1948 zum ersten Präsidenten des neuen Autoclubs von Deutschland (AvD) gewählt.
Durch seine politische Aktivitäten geriet er im sich zuspitzenden Ost-West-Konflikt zunehmend ins Visier der bundesdeutschen Behörden. Sein Engagement als Präsident des Westdeutschen Vorbereitungskomitees für die von den sozialistischen Staaten dominierten «Weltfestspiele der Jugend und Studenten» 1951 und 1953, seine Unterstützung des SED- Aufrufs zur «Volksbefragung gegen eine Remilitarisierung Deutschlands» und seine Präsidentschaft beim «Komitee für Einheit und Freiheit des deutschen Sports» führten im Mai 1953 zu seiner Festnahme wegen des Verdachtes auf Hochverrat.
Acht Monate lang saß von Brauchitsch in Untersuchungshaft. Nach der Entlassung zog er in die DDR, um einer drohenden Verurteilung zu entgehen. Dort machte der «rote Rennfahrer» Karriere als Sportfunktionär. 1957 wurde er Sportpräsident des Allgemeinen Deutschen Motorsport-Verbandes (ADMV). Drei Jahre später übernahm er das Amt des Präsidenten der «Gesellschaft zur Förderung des olympischen Gedankens in der DDR», der er über zwei Jahrzehnte lang vorstand. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) ehrte ihn 1988 mit dem Olympischen Orden.
Nach dem Mauerfall lebte von Brauchitsch zurückgezogen mit seiner Frau Liselotte in Gräfenwarth in Thüringen. «Ich habe mich damals für dieses Land entschieden, auch nach der Wende gab es für mich keine Veranlassung, hier wegzugehen», stand der streitbare Sportsmann stets zu seiner Entscheidung.
