Möhsner ist der Hammer
Halle/MZ. - Die Zuschauer zogen sich Pelzkappen über die Ohren, trugen Wollmützen und Handschuhe. Helfer hielten mit Gasbrennern die Wurfringe für das Diskus- und Hammerwerfen von Eis und Schnee frei. Die Sportler konnten wenigstens wärmende Zelte an den Wettkampfanlagen aufsuchen, um nicht mit vor Kälte steifen Fingern nach Diskus, Hammer und Speer greifen zu müssen. Das war Leichtathletik der rustikalen Art beim Winterwurf-Länderkampf zwischen Deutschland, Frankreich und Russland am Sonnabend in Halle. Der Vergleich der jeweils mit drei Athleten der Altersklassen U 20 und U 23 besetzten Teams sah die Russen mit 109 Punkten vor den Deutschen (106) und den Franzosen (55) vorn.
Drei Wochen nach seinem deutschen Jugend-Meistertitel im Hammerwerfen trug der 18-jährige Köthener Sven Möhsner erstmals das National-Trikot. Der seit anderthalb Jahren am Sportgymnasium Halle lernende und für die Halleschen Leichtathletik-Freunde (HLF) startende Abiturient war mit 66,72 Metern als Fünfter - und gleichzeitig Dritter hinter zwei Russen in der gesonderten Wertung der unter 20-Jährigen - auch der beste des deutschen Trios.
Die Entwicklung des langhaarigen Jungen trägt sensationelle Züge. Erst vor vier Jahren begann er mit dem Sport. Seit 2003 steigerte er sich um über 14 Meter - das ist wahrlich der Hammer. Die Grundlage dafür legte der Köthener Trainer Günter Siegel, der 1980 den Hallenser Speerwerfer Wolfgang Hanisch zum Olympia-Platz drei in Moskau geführt hatte. Erhard Kurz, seit vielen Jahren geachteter Nachwuchs-Trainer, betreut in Halle den talentierten Werfer und sagt über ihn, er sei ein Athlet, der weiß, was er will. Sven Möhsner meint: "In mir stecken noch viele Reserven." Voriges Jahr warf er den Hammer 65,61 Meter weit. In diesem Sommer will er 71 Meter schaffen. Es soll weiter mit Riesenschritten vorangehen.
Das wünschen sich auch andere hallesche Werfer, die bei dem Ländervergleich nur außerhalb der Wertung starten konnten. Die Diskuswerfer Andreas Porth (51,92 Meter), Martin Richter (48,60) und Nadine Müller (53,21) sind aber derzeit nicht in einer Situation wie Sven Möhsner, sich über Leistungssprünge freuen zu können. Dafür aber ihre HLF-Vereinskameradin und Junioren-Weltmeisterin Vivian Zimmer, die - ebenfalls in einer Gastrolle nach überstandener Schulterverletzung - den Speer mit 56,59 Meter so weit warf wie noch nie im Winter. Länderkampf-Siegerin wurde die Russin Maria Abakumova mit 53,31 Metern.
Für die jungen Athleten war der Wettkampf auch deshalb ein einprägsames Erlebnis, weil ihnen über zwei Dutzend Helfer trotz Schnee und Kälte perfekte Bedingungen geboten hatten. Die Wurfanlage in Brandbergen ist dennoch unvollständig. Die teilweise fehlende Umzäunung stellt angesichts fliegender Hämmer für Spaziergänger am Waldesrand ein nicht unbeträchtliches Sicherheitsrisiko dar. An Geld, um besseren Schutz bieten zu können, fehlt es aber.