Rauchmelder beobachten die Mieter Mieter wehren sich gegen „Spion“
Das Wohnungsunternehmen Vonovia lässt Rauchmelder einbauen, die auch Klimadaten in den Räumen erfassen und weiterleiten können. Der Mieterbund schlägt Alarm. Mieter fühlen sich beobachtet.

Aufregung unter Mietern. Wohnungsunternehmen sind dabei, Immobilien mit neuartigen Rauchmeldern auszustatten. Dazu gehört der Marktführer Vonovia, der unter anderem in seinen mehr als 5.000 Wohnungen in Sachsen-Anhalt Geräte des Typs „Multisensor Plus“ einbauen lässt. Das sind Rauchmelder mit zusätzlichen Überwachungsfunktionen: Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Kohlenmonoxid.
Mieter wie Familie S. aus der Landeshauptstadt (den vollen Namen wollen die Leute aus Angst vor Schikanen ihres Vermieters nicht in der Zeitung lesen) fühlen sich von Vonovia in doppelter Hinsicht benachteiligt. „Obwohl wir funktionstüchtige Rauchmelder haben, sollen wir wegen angeblicher Modernisierung eine Mieterhöhung bekommen“, erklären die Betroffenen. Für eine 14-tägliche Fernwartung fallen weitere Kosten an. Mit anderen Worten, die digitalen Rauchmelder kosten den Mietern zusätzlich Geld.
Teurer Ersatz
Der Deutsche Mieterbund Sachsen-Anhalt hält von der ganzen Sache gar nichts. Anstatt alte Rauchmelder zu ersetzen, verbaue das Wohnungsunternehmen Hightech-Melder, sagt der Landesvorsitzende des Mieterbunds Jens Peinelt. Vonovia dürfe zwar die Kosten von 136 Euro pro Stück auf die Mieter umlegen. „In Zeiten hoher Mieten und teurer Lebensmittel sind solche unnötigen Maßnahmen ein weiterer Griff in den Geldbeutel der Menschen“, so Peinelt.
Modernisierung zum Schein
„Wir halten die angebliche Modernisierung wegen der Einführung von Komfortfunktionen für einen reinen Schein, der einzig und allein darauf abzielt, die Mieter monatlich mit einer Mieterhöhung zu belasten“, sagt auch der stellvertretende Landesvorsitzende des Mieterbunds, Zakaria Said.
Auch wenn es scheinbar nur um kleine Beträge geht: Bei fast 500.000 Wohnungen, die Vonovia in Deutschland besitze, bedeuteten selbst kleine Mieterhöhungen schnell Millionengewinne für den Konzern, so der Landesvorsitzende des Deutschen Mieterbunds weiter.
Was das Thema Modernisierung betrifft, gehen die Meinungen zwischen Mieter und Vermieter weit auseinander. Viele Mieter würden die teure Neuerung wegen des dauerhaften Blinkens der Geräte als Wohnwertverschlechterung wahrnehmen, so Peinelt.
Eingriff in Privatsphäre
Aber es geht nicht nur ums Geld. Es geht auch um die Datenerfassung und somit um den Schutz der Privatsphäre. „Wir fühlen uns in unserer Privatsphäre wegen der Datenerfassung beeinträchtigt“, erklärt etwa Familie S. Man könne zwar der Datenerfassung widersprechen, heißt es weiter. Aber man könne nicht ersehen, ob die Daten nicht doch abgerufen und gespeichert würden.
Der Mieterbund rät seinen Mitgliedern dringend davon ab, die von Vonovia versendeten Datenschutzerklärungen zu unterschreiben. Das Unternehmen wolle Daten zum Raumklima für drei Jahre speichern und könne so Rückschlüsse über Lüftungsverhalten und Anwesenheit der Mieter ziehen, erklärt der Mieterbund. „Doch die Temperatur im Wohnzimmer oder zum Beispiel die Luftfeuchtigkeit im Schlafzimmer gehen den Vermieter nichts an“, sagt Peinelt. Da die Geräte auch Daten speicherten, wenn die Erklärung nicht unterschrieben worden sei, stellten die Geräte einen unrechtmäßigen Eingriff in die Privatsphäre der Mieter dar, urteilt der Mieterbund. Seine Forderung an das Wohnungsunternehmen: In die Jahre gekommene Rauchmelder werden gegen gleichwertige Geräte ausgetauscht.
Vonovia versteht die Kritik nicht
Bei Vonovia versteht man die ganze Aufregung nicht. Die modernen Geräte seien die Chance, einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele zu leisten. Begründet wird das mit der Chance zur Optimierung der Raumtemperatur, weil die Geräte ja diesbezüglich Daten erfassen. Im Zusammenspiel mit der „Mein Vonovia“-App würden hilfreiche Tipps an die Mieter weitergereicht. „Diese Tipps werden natürlich besser, wenn sie auf das Klima in meiner Wohnung zugeschnitten sind“, erklärt Elke Fischer, Bereichsleiterin Portfoliomanagement, auf der Vonovia-Homepage.
Christoph Metzner, als Pressesprecher der Vonovia unter anderem für Sachsen-Anhalt zuständig, verweist darauf, dass das Unternehmen auf Kritik reagiert habe. Demnach werden jetzt die digitalen Rauchmelder grundsätzlich mit deaktivierter Funkfunktion installiert – das war lange Zeit anders. Laut Fischer werden die Klimadaten erst dann gespeichert und übertragen, wenn der Mieter dem zugestimmt hat. Das bestätigt auch Unternehmenssprecher Matthias Wulff. Inzwischen seien die Geräte standardmäßig so eingestellt, dass keine lokale Speicherung oder Übertragung von Raumklimadaten erfolge, sagt er.
Zugriff der Mieter
Die Freischaltung der zusätzlichen Funktionen, so heißt es, könne der Mieter übrigens auch jederzeit am Rauchmelder selbst ganz unkompliziert vornehmen.
Ob mit oder ohne Zusatzfunktion, die eigentliche Aufgabe erfüllen die Geräte in jedem Fall: bei Rauchentwicklung Alarm schlagen. Und auch das Lüftungs-LED funktioniere immer, heißt es weiter, und zeige an, wenn gelüftet werden sollte. Ob der Mieter das nun will oder nicht.