1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Medienprojekt "Klasse 2.0" in Aschersleben: Medienprojekt "Klasse 2.0" in Aschersleben: Irgendwas ist immer

Medienprojekt "Klasse 2.0" in Aschersleben Medienprojekt "Klasse 2.0" in Aschersleben: Irgendwas ist immer

Von Marko Jeschor 17.02.2015, 18:40
MZ-Redakteur Marko Jeschor schießt ein Selfie mit den Neuntklässlern. Danach erklärt er ihnen, wie die Zeitung Nachrichten online verbreitet. Anhand des Bildes versuchen sie es später selbst.
MZ-Redakteur Marko Jeschor schießt ein Selfie mit den Neuntklässlern. Danach erklärt er ihnen, wie die Zeitung Nachrichten online verbreitet. Anhand des Bildes versuchen sie es später selbst. Anne Schneemelcher Lizenz

Aschersleben - Eigentlich wollten sich die Redakteure und Mitarbeiter der Lokalredaktion Aschersleben der neunten Klasse von Lehrerin Antonia Reinsdorf vorstellen. Nur war am Dienstagvormittag irgendwie keiner der Kollegen da. Fast alle ausgeflogen zu Terminen: Ein Unfall nahe Aschersleben, ein Porträt über ein Ehepaar, das demnächst diamantene Hochzeit feiert, und Schulungen in Halle.

Schon allein daran konnten die Schüler der Gemeinschaftsschule „Adam Olearius“ aus Aschersleben im Rahmen des Medienprojekts Klasse 2.0 sehen, wie es in der Redaktion für gewöhnlich zugeht. Morgens werden normalerweise die Themen besprochen, vor Ort recherchiert und später die Texte geschrieben. Nachmittags sind - mit ein wenig Glück - dann sogar mehr Kollegen in der Redaktion anzutreffen. Aber irgendwas ist ja immer.

Selfie zum Auftakt

Nun ist die Zeitung heutzutage nicht mehr nur Zeitung, zumal die Schüler allein mit dem Papier mittlerweile wenig anzufangen wissen. Ihre Informationen beziehen sie meist über Netzwerke im Internet, allen voran natürlich Facebook und zunehmend auch über den Kurzmitteilungsdienst WhatsApp. Gänzlich unbekannt ist die MZ dank ihres Auftritts im Netz deshalb aber nicht. Immerhin ein paar der 23 Schüler haben die MZ Aschersleben bei Facebook „geliked“. Nach dem Selfie zum Auftakt waren es schon wieder ein paar mehr.

Beim Medienprojekt „Klasse 2.0“ der Mitteldeutschen Zeitung lernen insgesamt 6.000 Schüler aus dem gesamten Verbreitungsgebiet vier Wochen lang die Tageszeitung im Unterricht kennen und schreiben auch selbst Texte.

Damit unterstützt das Projekt den Erwerb von Medienkompetenzen und bietet Informationen zu den Chancen und Risiken der digitalen Welt. Den Lehrern und Schülern stehen umfangreiche Unterrichtsmaterialien zur Verfügung.

Einige Klassen erhalten zusätzlich iPads, die im Unterricht genutzt werden. Alle Schüler haben zusätzlich die Möglichkeit, ihre Texte online in einem Blog zu veröffentlichen. Im Verbreitungsgebiet der Ascherslebener Zeitung sind die Albert-Schweitzer-Sekundarschule, die Freie Sekundarschule „Adam Olearius“, das Gymnasium Stephaneum, die Sekundarschule Burgschule, die Seeland-Sekundarschule, die Förderschule „Pestalozzi“, die Kastanienschule sowie die Berufsbildende Schule Wema in Aschersleben dabei.

Unterstützt wird das Projekt von der AOK Sachsen-Anhalt und Mitgas.

Auch wenn die wenigsten in der Klasse regelmäßig Zeitung lesen; was in ihrer Umgebung los ist, wollen sie schon wissen. Lia-Schirin zum Beispiel verfolgte den Beitrag „Wurst-Maik hört auf“ in der Dienstagsausgabe mit Interesse. „Weil man ihn kennt“, begründet die 14-Jährige. Ihre Mitschülerin Lena fand die Tierbilder auf der Leserbriefseite zwar prima, allein deswegen würde sie jedoch nicht zur Zeitung greifen. Dann lieber Geschichten über Geschäfte in der Innenstadt und was gerade modisch angesagt ist in Aschersleben.

Solche aktuellen Trends versucht die Lokalredaktion tatsächlich immer wieder zu beschreiben. Trotzdem gelingt es nicht immer, den Geschmack aller zu treffen, wie sich bei der Auswertung der aktuellen Ausgabe zeigte. Im Sportteil zum Beispiel hätten sich die Jungs in der Klasse mehr Infos über die Tattoo-Aktion des Weltklasse-Fußballers Zlatan Ibrahimovic gewünscht als über den FC Bayern München, der in der kriegsgeplagten Ukraine spielte. Hanna, ebenfalls sportinteressiert, würde sogar größere Texte wie „Ohne Heimat - ohne Zukunft“ lesen, sofern der Bezug zur eigentlich Wirklichkeit hergestellt ist. Philip wünscht sich mehr Beiträge über die Bundeswehr, wobei der Grund denkbar einfach ist: Der 16-Jährige sieht seine Zukunft bei der Truppe. Und Ulrike Rößler, pädagogische Mitarbeiterin an der Schule, hätte die Seite mit den Ausflugstipps fürs Wochenende gern einen Tag später im Blatt. Bis auf wenige Ausnahmen erschien die Seite immer donnerstags.

Einführung in den Journalismus

Wie schwer es tatsächlich ist, täglich ein ansprechendes Medienprodukt zu erstellen, das noch immer von guten Berichten und Fotos lebt, werden die Schüler in den kommenden Wochen selbst in Erfahrung bringen. Nach einer Einführung in den Journalismus und den Alltag von Medienschaffenden, werden die Neuntklässler selbst für verschiedene Themen recherchieren und natürlich Beiträge verfassen.

Deutschlehrerin Antonia Reinsdorf wird die Schüler gemeinsam mit der MZ ziemlich herausfordern. Denn ein Teil der Neuntklässler soll sich mit Problemen von Suchtkranken auseinandersetzen. Dafür ist auch ein Gespräch mit der Polizei und der Krankenkasse AOK geplant. Ein anderer Teil soll sich unter anderem mit dem veränderten Medienkonsum beziehungsweise mit erneuerbaren Energien befassen, auch das Konzept der Gemeinschaftsschule steht journalistisch auf dem Prüfstand.

Die Ergebnisse finden Interessenten regelmäßig in dem Blog auf der Internetseite der Mitteldeutschen Zeitung. Ausgewählte Texte werden auch in der Printausgabe veröffentlicht. (mz)