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Marianne Hoppe Marianne Hoppe: »Ach ja, so ist das Leben!«

Von Bernd Heimberger 10.07.2001, 15:53

Halle/MZ. - Petra Kohse könnte die Enkelin von MarianneHoppe sein. Ist sie aber nicht! Kohse istdie Biografin der Hoppe und auch das nichtkonsequent. Ist die Porträtistin und auchdas nicht konsequent.

Das Marianne Hoppe-Buch der Publizistin istein Porträt, an dessen Entstehen Freunde undFreundinnen der Schauspielerin, Verwandteund Vertraute, einschließlich des Sohnes wiedes Publikums, beteiligt wurden. Das MarianneHoppe-Buch der Publizistin ist eine Biografie,in der die zweite, größere Lebensspanne der1909 in Rostock geborenen Gutsbesitzerstochteraus der Prignitz nicht mal die Nebenrollespielt.

Die Hoppe, die für Kohse die Hoppeist, ist mit der Lebenszeit nach 1945 kaumzu identifizieren. Was nicht heißt, dass dieKünstlerin, wie andere Kollegen, mit der Zeitdes Nationalsozialismus identifiziert wird.Auf keinen Fall die Hoppe, die von sich sagt:"Ich muss imprägniert gewesen sein." Sie meint,sie war immun gegen Goebbels' Liebeswerben,Hitlers Suggestion, Görings Charme.

Hoppes Annäherung an die Personen des DrittenReichs hatte nichts mit Nähe zu den Naziszu tun. Womit, bitte, dann? Mit der "paradoxenBandbreite", die "ihr Leben hat", wie Kohseschlussfolgert, ohne zu debattieren, was denndie "paradoxe Bandbreite" ist. Kohse, dieGespräche mit Hoppe führte, um das Buch zuermöglichen, hat auf viele Fragen die Antwortbekommen: Das ist das Leben! So ist das Leben!Am Tisch der Mächtigen zu sitzen, heißt nicht,mit den Mächtigen zu sein. Also doch ein Fall,mit Wasser in Berührung zu kommen, ohne nasszu werden!?

Hoppe ist eine Immer-Neugierige - was zu einerGefahr werden kann. Hoppe ist eine Individualistin.Der Individualismus ist ihre Potenz, Energie,Sicherheit. Die Individualität ist der Schirm,unter dem Marianne Hoppe ihr langes Lebenlebt. Individualität gestattet es, so mancheErinnerung des langen Lebens aus der Erinnerungfallen zu lassen. Offensichtlich haben auchNachfragen von Petra Kohse Verdecktes nichtaufdecken können.

Die Autorin hilft sich, wenn die Angesprochenekeine Antwort hat. Dokumente der Zeit, Lebens-Zeit-Begleiterder Künstlerin kommen reichlich zu Wort. DieVerfasserin hat viel gelesen und wird vonmanchem Angelesenen auf die Strecke gebracht.Zum Beispiel auch, wenn sie unbekümmert verbreitet,dass Goebbels der "Erfinder des Führer-Mythos"gewesen ist. War er nicht. Der war DietrichEckart, der den Mythos bereits modellierteals Herr G. noch im Marxismus herumschnüffelte.Das Hoppe-Buch ist Beleg, dass Lektorate seltenklüger - oder jünger? - als ihre Autoren sind.Die Abhängigkeit von Überliefertem hat zudemdie stilistischen Fähigkeiten der Verfasserineher verunsichert denn gefestigt.

Der wesentliche Teil des Buches, der sichauf das Werden der Bühnen- und Film-Darstellerinwährend der dreißiger und vierziger Jahrekonzentriert, ist weitgehend die Beschreibungder Rollen Marianne Hoppes. Erweitert durchHinweise zu den Beteiligten der jeweiligenInszenierungen sowie der Reaktionen auf sie.Die präzise Auflistung macht den Hauptteilnicht hauptsächlicher.

Bewundernd hebt Petra Kohse die stete Neugierder Hoppe am Neuen hervor, die es ihr so leichtmacht, Gestern Gestern sein zu lassen. HättePetra Kohse mehr vom Gestern hervorgeholt,wäre sie zu bewundern gewesen. Marianne Hoppewird eine Menge mitnehmen in die andere Welt,wenn sie diese Welt verlässt, für die auchPetra Kohse nicht viel retten konnte mit ihrem"Marianne Hoppe"-Buch.

Petra Kohse: "Marianne Hoppe", UllsteinVerlag, Berlin 2001, 432 Seiten, 44 Mark.