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Maria Callas und Aristoteles Onassis Maria Callas und Aristoteles Onassis: Eine Kaschmirdecke für alle Lebenslagen

Von Margit Boeckh 19.06.2001, 15:42

Halle/MZ. - Onassis und die Callas. Die Namen genügen. Weil die beiden berühmtesten Griechen des Jahrhunderts zu Synonymen wurden. Sie: die Stimme. Er: das Geld. Beider Beziehung: Eine Liebesgeschichte, deren dramatische Verwicklungen die Dimensionen einer griechischen Tragödie erreicht. Entsprechend liest sich die dickleibige Biografie "Griechisches Feuer" von Nicholas Cage stellenweise wie ein Elaborat der Regenbogenpresse.

Mit allen äußeren Zutaten wie Limousinen, Yachten, Privatflugzeugen, Champagnerpartys. Highlife im Jetset mit einer unwiderstehlichen Melange aus Herz und Schmerz. Magische Anziehung, Skandale, Kräche, Treuebruch, Verrat, Versöhnung - eine Wahnsinnsliebe, die den Tod überdauerte. Ein Stoff wie aus dem Fundus der Traumfabrik. Für das schillernde Paar, das der Welt jenseits der Normal-Sterblichkeit zu entstammen schien, war es das ganz gewöhnliche Leben.

Der Autor, amerikanischer Journalist griechischer Herkunft, dröselt die glamouröse Story mit investigativer Leidenschaft auf. Was zuweilen in enervierende Detailversessenheit ausartet und auf mancherlei verzichtbare Seitenwege führt. Dennoch liest sich das alles natürlich richtig spannend. Weil: Onassis und die Callas sind über die Jahrzehnte seit ihrem Ableben 1975 bzw. 1977 im öffentlichen und auch im persönlichen Bewusstsein geblieben.

Als Jahrhundertgestalten, die jede auf ihre Weise einen Mythos verkörpern. Er der zeitweise erfolgreichste Selfmade-Mann der Welt, ein charismatischer Chauvi, der sich über Opern lustig zu machen pflegte ("Für mich hört sich das alles an, als würden sich italienische Köche gegenseitig Risottorezepte zubrüllen"). Und sie die kapriziöse Primadonna assoluta, die Ausnahmesopranistin, die mit ihrer Stimme und Darstellungskunst Menschen bis ins Innerste erschüttern konnte. Die Liaison horrible dieses Paares der Gegensätze beschäftigte Klatschpresse weit über die Jahre hinaus, die sie ab 1959 zusammen waren, bis Onassis 1968 überraschend die Prestige-Ehe mit der Kennedy-Witwe Jaqueline einging. Cage ist dem Leben und Lieben von "Aristo" und Maria jahrelang in akribischer Fleißarbeit auf der Spur gewesen.

Er sprach mit Freunden, Angehörigen und Angestellten, trieb Fotos, Dokumente und Briefe "Andere sangen bloß. Die Callas lebte ihre Rollen." Nicholas Cage Schriftsteller auf. Als wohl sensationellste Enthüllung präsentiert er dabei ein gemeinsames Kind der Beiden, das 1960 unmittelbar nach der Geburt gestorben sein soll. Die Belege dafür - ein unscharfes Foto mit einem vorgeblich toten Baby und ein Auszug aus der Geburtsurkunde, auf der aber weder der Name Callas noch Onassis vermerkt ist - sind allerdings nicht restlos überzeugend. Einleuchtender erscheint die Analyse, was die Faszination der beiden ausmacht.

Cage bemüht geschichtliche und familiäre Hintergründe, die kulturelle und spirituelle Heimat Griechenland, der beide zutiefst verbunden waren. So kann der Leser nachempfinden, warum Callas und Onassis nicht voneinander lassen konnten. Onassis soll in das Pariser Krankenhaus, in dem er starb, einen einzigen persönlichen Gegenstand mitgenommen haben: eine Kaschmirdecke, die er kurz zuvor von der Callas geschenkt bekommen hatte. Für sie war er "eine Quelle des Lebens". Offiziell war Jackie seine Witwe. Doch diejenigen, die diesen am Ende seines Lebens nach dem tragischen Tod seines Sohnes gebrochenen Tycoon wirklich kannten, trauerten mit der Frau, die ihn am meisten geliebt hatte und die die große Liebe seines Lebens war.

Nicholas Cage: "Griechisches Feuer", Blessing Verlag, München 2001, 574 S., 49 Mark.