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Liebreizende Kämpferinnen: Kentikian vs. Raoui

Von Franko Koitzsch 23.04.2010, 08:44

Hamburg/dpa. - Susi Kentikian und Nadia Raoui sehen aus, als könnten sie keiner Fliege etwas zuleide tun. Doch mit Liebreiz und Charme ist es vorbei, wenn die Damen aus Hamburg und Herne in den Boxring klettern.

Die eine 1,54 Meter groß, schwarzgelockt, freundlich lächelnd. Die andere 1,55 Meter groß, dunkelbraungelockt, charmant lächelnd. Beide lieben es, sich geschminkt und gestylt, bisweilen auch in erotischen Dessous oder eleganten Abendkleidern den Fotografen zu stellen. Im Ring heißt die eine dann plötzlich «Killer-Queen», die andere «Schönes Biest». Am 24. April schlagen die «leichten Mädchen» in der Alsterdorfer Sporthalle in Hamburg aufeinander ein. Das Duell der Fliegengewichtlerinnen soll Höhepunkt einer Universum-Veranstaltung sein.

Die 22-jährige Kentikian bietet ihre drei WM-Titel der Verbände WIBF, WBA und WBO feil. Raoui hat auch zwei WM-Gürtel. Doch auf die legt man bei Universum keinen gesteigerten Wert. Schließlich handelt es sich um den Bauchschmuck der Verbände WIBA und WPBO, die man hierzulande nur vom Hörensagen oder gar nicht kennt. Und an einer Titelflut á la Natascha Ragosina, die sich schon mal um sieben Gürtel gleichzeitig balgt und anschließend unter dem Berg an Leder, Blech und Kunststoff zusammenzubrechen droht, hat die 50 Kilo leichte Kentikian kein Interesse. «Ich kann ja schon meine drei Gürtel nicht tragen», stöhnt sie.

«Dieser Kampf ist Feuer gegen Feuer», formuliert die gebürtige Armenierin das Motto für das Duell gegen Raoui. «Und ich muss mehr Feuer haben.» 26 Mal ist die kleine Power-Frau, die einst als Flüchtlingskind nach Deutschland kam und sich an die Anfangsjahre im schmuddeligen Asylbewerberheim nur ungern erinnert, als Profi in den Ring gestiegen. Stets hat sie ihn als Siegerin verlassen. «Jetzt bin ich soweit, die großen Kämpfe zu machen», behauptet sie. Raoui komme da gerade recht. Die in Herne lebende Deutsche mit marokkanischem Hintergrund hat elf von zwölf Profi-Kämpfen gewonnen, einer endete remis.

«Ich freue mich, dass eine Gegnerin kommt, die kämpfen wird», sagt Kentikian. «Susi boxt wie ein Batterie-Hase. Ich boxe genauso», sagt Raoui. Gemeint ist das Wilde, Stürmische, der permanente Trommelwirbel mit den Fäusten, die Non-Stop-Attacken. Kentikian ist zwar zwei Jahre jünger, aber im Ring erfahrener. Sie trägt die Favoritenbürde. «Wahrscheinlich gewinnt sie vorzeitig», meint Jean-Marcel Nartz, Vizepräsident des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB). «Als Opfer sehe ich mich nicht», protestiert Raoui und verspricht: «Es wird ein krasses Duell.»

Für Kentikian ist der Kampf eine Premiere. Erstmals ist sie Hauptkämpferin im ZDF. Damit hat die «Box-Fliege» Halbschwergewichts-Weltmeister Jürgen Brähmer ins Rahmenprogramm verdrängt. Dem Schweriner, der seinen WBO-Titel gegen den Argentinier Mariano Plotinsky verteidigt, stößt das übel auf. «Das ist ärgerlich», raunzt er. Das ZDF will den wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer 16-monatigen, aber noch nicht rechtskräftigen Haftstrafe verurteilten Mecklenburger nicht als Zugnummer in seinem Programm präsentieren. Promoter Klaus-Peter Kohl trotzig: «Das Interesse an Jürgen wird immer größer. Er wird irgendwann Top-Fighter in Deutschland sein.» Allerdings ohne das ZDF. Das steigt Ende Juli aus dem Profi-Boxen aus.