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Leichtathletik Leichtathletik: Stéphane Franke ist tot

Von Andreas Schirmer 29.06.2011, 14:33

Düsseldorf/Potsdam/dpa. - Die Karriere des früheren LangläufersStéphane Franke war so erfolgreich wie umstritten. DerEuropameisterschafts-Dritte über 10 000 Meter von 1994 und 1998 istam vergangenen Donnerstag im Alter von 47 Jahren gestorben. Dies gabdie Familie am Mittwoch bekannt. Franke starb in einer Klinik inseinem Wohnort Potsdam an den Folgen von Lymphdrüsenkrebs. DieTrauerfeier fand bereits am Dienstag statt. «Es ist eine menschlicheTragödie», sagte Clemens Prokop, Präsident des DeutschenLeichtathletik-Verbandes (DLV).

Der in Versailles geborene Franke entwickelte sich in Filderstadtzu einem Weltklasseläufer, der 1993 bei der Heim-WM in Stuttgartüberraschend Vierter über 10 000 Meter wurde. Seine Trainerin warIsabelle Baumann, Frau des deutschen Vorläufers Dieter Baumann. DasVerhältnis zwischen dem Olympiasieger von 1992 und Franke war späteraber nicht nur von Rivalität geprägt, sondern galt im Zuge desDoping-Skandals von Baumann als zerrüttet.

Im Fall Baumann - der Schwabe war 1999 bei Kontrollen positivgetestet worden - kamen Vorwürfe auf, wonach Franke und der von ihmdamals betreute Hindernisläufer Damian Kallabis möglicherweise dieZahnpasta Baumanns während eines Trainingslagers in St. Moritzmanipuliert haben. Das verbotene Doping-Mittel Nandrolon war darinentdeckt worden. Franke hatte diese Vorwürfe immer zurückgewiesen.

Ein großer Schatten auf die Leistung des Athleten und Trainersfiel 1998 in Budapest, wo Franke EM-Dritter und wenig später seinSchüler Kallabis sensationell Hindernis-Europameister geworden war.Denn es wurde bekannt, dass er und Kallabis Infusionen mit demBlutverdünnungsmittel HES erhalten haben. Die Nutzung stand da nochnicht auf der Doping-Verbotsliste, nährte aber den Verdacht auf dieEinnahme des Blutdopingmittels EPO. Weder Franke noch Kallabis wurdenjemals positiv getestet. Der Läufertrainer wehrten sich gegen denVorwurf des Dopingmissbrauchs, räumte die HES-Anwendung aber ein undklagte über die «Hexenjagd», der er sich ausgesetzt fühlte.

Ende 2000 beendete Franke, der 1995 seine Bestzeiten über 5000Meter (13:03,76 Minuten) und 10 000 Meter (27:48,88) gelaufen war,seine Laufbahn als Aktiver und Trainer. Eine von ihm angestrebteBundestrainerstelle beim DLV bekam er nicht.

Dafür wurde Franke im Februar 2001 zum Sportdirektor desLeichtathletik-Meetings ISTAF in Berlin berufen. Dieses beruflicheKapitel ging für ihn schnell und unrühmlich schon nach einem Jahr zuEnde: Franke wurde beschuldigt, in seiner Funktion alsISTAF-Sportdirektor ein gefälschtes Fax aus der ISTAF-Geschäftsstellean die Council-Mitglieder des Leichtathletik-Weltverbandes IAAFgeschickt und damit Berlins WM-Bewerbung für 2005 zum Scheiterngebracht zu haben. Alles deutete auf Franke als Absender hin. Ineinen gegen ihn angestrengten gerichtlichen Verfahren wegenUrkundenfälschung akzeptierte er den Strafbefehl.

In dem Schreiben wurde die drohende Insolvenz der ISTAF GmbH unddie mangelnde Unterstützung des Meetings durch Politik und Wirtschaftbeklagt. Die IAAF vergab die WM für 2005 nach Helsinki, Berlinerhielt später den Zuschlag für 2009.

In den vergangenen Jahren arbeitete Franke unter anderem alsFernsehkommentator für Leichtathletik und Ski-Langlauf sowie alsBuchautor. «Ich gehe das an wie einen Marathon, konzentriere micherst einmal nur auf die nächsten 10 000 Meter, die vor mir liegen»,sagte Franke laut einer vom TV-Sender «Eurosport» verbreitetenErklärung zu seiner Krankheit. Franke hinterlässt eine zehnjährigeTochter.