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Leichtathletik Leichtathletik: Springstein wegen Doping von Minderjährigen vor Gericht

09.01.2006, 08:48
Leichtatheltik-Trainer Thomas Springstein (l.) und sein Anwalt Peter Michael Diestel stehen am Montag (9. Januar 2006) im Gerichtssaal des Amtsgerichts Magdeburg. (Foto: dpa)
Leichtatheltik-Trainer Thomas Springstein (l.) und sein Anwalt Peter Michael Diestel stehen am Montag (9. Januar 2006) im Gerichtssaal des Amtsgerichts Magdeburg. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Magdeburg/dpa. - «Das ist eine typische Sportintrige und damit auch ein Ost-West-Konflikt, da Leverkusen westlich liegt», erklärte Springstein-Anwalt Peter-Michael Diestel am Montag nach dem ersten Verhandlungstag vor dem Amtsgericht.

Mit seinem Hamburger Kollegen Johann Schwenn hatte er erreicht,dass anstelle der Hauptbelastungszeugin Anne-Kathrin Elbe derenRechtsbeistand Joachim Strauss überraschend in den Zeugenstandgerufen wurde. Damit wollte die Springstein-Partei nachweisen, dassmöglicherweise andere Gründe für den Wechsel der jungen Athleten imSommers 2004 vom SC Magdeburg zu Bayer 04 Leverkusen eine Rollespielen als die Doping-Affäre. «Es geht darum, die wirklichen Motivefür den Wechsel zu klären», sagte Schwenn. Die materiellen Anreizefür den Umzug an den Rhein waren nach Aussage von Strauss, derehrenamtlich im Bayer-Vorstand sitzt, jedoch eher gering: Anne-Kathrin Elbe bekam in der Saison 2004/2005 eine monatlicheAufwandsentschädigung von 400 Euro.

Die Hürden-Nachwuchsläuferin hatte den Skandal ins Rollen gebrachtund soll nun am kommenden Montag vernommen werden. Das damals 16-jährige Talent hat nach der Anklageschrift von Springstein vor einemWettkampf in den USA am 24. April 2003 zwei Andriol-Tabletten mit demverbotenen Wirkstoff Testosteron-Undecanoat erhalten. Eine weitereRation sei ihr bei einem Trainingslager in Zinnowitz vom 11. bis 25.Mai 2003 von ihrem Ex-Trainer übergeben worden. Auf demGlasfläschchen habe die genaue Anwendung gestanden. Die Athletinhatte die Pillen nicht eingenommen, sondern an einen Bundestrainerweitergeben. «Es gibt irrsinnig viele Widersprüche in der Aussage vonAnne-Kathrin Elbe», meinte Diestel, «ich hoffe nicht, dass sie durchden Prozess beschädigt wird.»

Neben Elbe soll laut Anklage auch Julia Lesse, die ebenfalls derTrainingsgruppe des SC Magdeburg von Springstein angehörte, eineAndriol-Tablette im Mai 2003 erhalten haben. Sie hat das Mitteleingenommen, erklärte Staatsanwältin Angelika Lux. Auch die deutscheVizemeisterin der B-Jugend von 2003 über 100 Meter wird noch alsZeugin geladen. Zudem soll der angeklagte Diplom-Sportlehrer derAthletin Eileen Müller zur Behandlung einer Sehnenscheidenentzündungein homöopathisches Mittel injiziert haben, ohne zur Ausübung desärztlichen Berufes berechtigt zu sein.

Begonnen hatte der erste Prozesstag für Springstein und seinenAnwälte mit einem peinlichen Fehlstart: Sie kamen wegenVerkehrsproblemen knapp 20 Minuten zu spät. «Wir bitten, denschlimmen Eindruck, den wir hinterlassen haben, zu entschuldigen»,sagte Diestel, der beim Betreten auf die Frage nach seiner Erwartungtönte: «Gewinnen, gewinnen, gewinnen!» Später betonte er noch einmal,dass alle Vorwürfe gegen Springstein «an den Haaren herbeigezogen undirrelevant» seien.

Der 47 Jahre alte Leichtathletik-Trainer des Jahres 2002, demmehrjährige Haftstrafe oder Geldbuße droht, saß im schwarzen Anzugmit Hemd ohne Krawatte schweigend und mit starrer Miene auf derAnklagebank. Abgesehen von Angaben zur Person machte er keine Aussagezur Sache. Möglicherweise wird er an den weiteren bis zum 31. Märzterminierten acht Verhandlungstagen das Wort ergreifen. Schließlichmuss er sich nicht nur gegen die Aussagen der von ihm angeblichgedopten Athletinnen auseinander setzen, sondern auch gegen dieDopingmittel-Funde in seinem Haus in Gerwisch bei Magdeburg.

Nach Aufdeckung des Falles wurden im Zuge derstaatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bei einer Hausdurchsuchung am28. September 2004 offenbar nicht nur das Testosteronpräparat Andriolentdeckt, dass die Athleten erhalten haben wollen. Zusätzlich sollenauch Wachstumshormone und Insulin, das ebenfalls Muskel bildendwirken kann, gefunden worden sein. Springstein will diese Mittel nurfür den Eigenbedarf angeschafft haben. Auch Pläne für Vergabezyklenvon Dopingmitteln sind offenbar bei der Razzia entdeckt worden.

Die Hauptbelastungszeugin Anne Kathrin Elbe und ihr Anwalt Joachim Strauss sind am Montag (9. Januar 2006) im Magdeburger Amtsgericht auf dem Weg in den Verhandlungsraum. Die Hürden-Läuferin soll im Prozess gegen Leichtathletik-Trainer Thomas Springstein aussagen.
Die Hauptbelastungszeugin Anne Kathrin Elbe und ihr Anwalt Joachim Strauss sind am Montag (9. Januar 2006) im Magdeburger Amtsgericht auf dem Weg in den Verhandlungsraum. Die Hürden-Läuferin soll im Prozess gegen Leichtathletik-Trainer Thomas Springstein aussagen.
dpa-Zentralbild