Leichtathletik Leichtathletik: Melanie Skotnik nimmt Abschied von Deutschland
Hamburg/dpa. - Die 22-Jährige Melanie Skotnik wird nie wieder für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) starten, ab 6. März 2005 darf die gebürtige Fränkin bei internationalen Wettkämpfen für Frankreich unter der Tricolore antreten.
Die deutsche Hochsprung-Meisterin von 2003 ist weit gegangen und viel gefahren, um künftig wieder hoch zu springen. Mit der deutsch-französischen Partnerschaft ihrer Eltern fing einst alles an - und der Doppelpass machte es möglich. «Das Kapitel Deutschland ist für mich abgeschlossen. Es war von Anfang an klar, dass es kein Zurück gibt», versicherte sie in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur .
Mit dem Gedanken an Auswanderung hatte die Tochter einer Französin und eines Deutschen «schon länger gespielt». Die doppelte Staatsbürgerschaft eröffnete ihr die Chance: Nach einer enttäuschenden Sommersaison, dem verpassten Olympia-Start in Athen und einer Gehirnoperation hat Melanie Skotnik den Wechsel im Herbst vollzogen. Sie trainiert seither bei Jean-Patrick Thirion und wohnt in Val de Reuil. Die rund 25 Kilometer Autofahrt täglich nach Rouen nimmt sie gern in Kauf, denn dort hat sie «einen super Job, da bin ich sehr glücklich». Die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin, die fließend Französisch und Englisch spricht, arbeitet im Öffentlichen Dienst, organisiert Sportveranstaltungen für eine ganze Region.
«Alters-Weitsicht» schon in jungen Jahren hat die 1,97-m-Springerin (am 5. Februar 2003 in der Halle) zu dem ungewöhnlichen Schritt bewogen. «Ich habe nur vom Sport gelebt, das war mir einfach zu riskant», erklärte sie. Ein sicherer Job ist ihr mindestens genau so wichtig wie ein sicheres Überqueren der Latte. «In Deutschland hat das keinen interessiert, dabei habe ich rund 20 Bewerbungen abgeschickt und darin auch geschrieben, dass ich Leistungssportlerin bin. Das hat kein Schwein interessiert», sagte Melanie Skotnik, die ihrem Heimatverein LAC Quelle Fürth/München/Würzburg im Guten Adieu sagte.
«Viele Leute haben gedacht, dass ich das nicht durchziehe.» Doch Melanie Skotnik zog «es» durch - und sogar 900 Kilometer weiter bis in die Normandie. Der DLV, erinnert sie sich, hat sich schnell mit dem Abschied des großen Hochsprung-Talents abgefunden. «Ich gebe keinem die Schuld, aber ich finde es traurig, dass sie sich keine Mühe gegeben haben, mich zu halten. Aber die hatten ihre eigenen Probleme mit Olympia.»
Inzwischen hat sich die 1,82 m große Deutsch-Französin neue sportliche Ziele gesteckt. «Ich will an meine persönliche Bestleistung herankommen, und ich denke jetzt längerfristig. Nach den vielen Verletzungen will ich mal zwei, drei Jahre richtig gut durcharbeiten», kündigte die Profisportlerin mit Nebenjob an. Bei den Weltmeisterschaften in Helsinki, die am 6. August 2005 beginnen, darf sie schon für die Grande Nation starten. Kann sie. Will sie.
Melanie Skotnik ist nicht das erste Hochsprung-Talent mit Weltklasse-Potenzial, das der DLV verliert. 1992 verabschiedete sich Britta Vörös mit einer Bestleistung von 1,94 m, heiratete den slowenischen Hochspringer Borut Bilac und wurde zwei Jahre später in Göteborg Europameisterin. Die zwei Meter waren für Frau Bilac-Vörös damals das höchste der Gefühle. Und Melanie Skotnik? Ihr fehlen nur noch drei Zentimeter zur Traummarke - dann wäre sie erst richtig in Frankreich angekommen. (dpa)