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Leichtathletik Leichtathletik: Letzter Versuch führte zu Olympia-Gold

Von Uwe Jentzsch 09.09.2002, 16:15

Erfurt/dpa. - Genaue Zahlen kennt sie nicht. Um dieVorbereitung der Fete hat sich nämlich Annerose König gekümmert.

Fast ein ganzes Leben lang sind die beiden Frauen befreundet. «Alsich 1976 bei der letzten Qualifikations-Chance das Ticket für denOlympia-Start in Montreal schaffte, nahm ich es meiner bestenFreundin Annerose weg. Für sie war das sehr bitter», erinnert sichJohanna Klier. Gelitten hat die Freundschaft darunter aber nicht.Vier Jahre später war Annerose, Olympia-Siebte von 1972 undinzwischen Ehefrau von Johanna Kliers Trainer Eberhard König,«Ersatzmutter» für Klier-Tochter Juliane, als sich die Erfurterinnoch ein Mal auf Olympia 1980 vorbereitete.

Die heutige Mitarbeiterin der Thüringer Sportjugend bestätigte mitihrer Karriere den in der früheren DDR häufig benutzen Slogan «vomSpartakiade-Kämpfer zum Olympiasieger», auch wenn ihre Laufbahnkeinesfalls geradlinig verlief. Bei drei DDR-Spartakiaden - 1966,1968 und 1970 - gewann die Nordthüringerin unter ihrem MädchennamenJohanna Schaller. Sie war vielseitig talentiert, sprang alsSpartakiadesiegerin 1966 mit 1,59 m so hoch wie später alsMehrkämpferin nie wieder. Den ganz großen internationalen Durchbruchschaffte sie jedoch nicht. 1975 schien die Laufbahn sogar frühzeitigzu Ende zu sein. Eine Handverletzung machte Kugelstoßen unmöglich.

Der Wechsel zum Hürdensprint, mit einer Bestzeit von 13,1 Sekundeneine ihrer «Leckerdisziplinen» im Mehrkampf, war der letzte Versuch.«Eberhard König ist heute noch etwas sauer, dass ich nicht mitfliegenden Fahnen von meinem Trainer Siggi Meißner zu ihm wechselte»,schmunzelt die Diplomsportlehrerin. Dass sie dann innerhalb wenigerWochen um zehn Kilogramm auf 64 kg «abspeckte», rechnet sie sichimmer noch als eine ihrer größten Leistungen an. Sportlich gingvieles wie von selbst. Von Lauf zu Lauf wurde sie schneller. InMontreal war ihr Olympiasieg eine der größten Überraschungen - aberer blieb keine Eintagsfliege. In den folgenden Jahren war dieErfurterin auch international das Maß aller Dinge. In Prag wurde sie1978 Europameisterin und stand in der «bronzenen» Sprintstaffel, mitder sie auch den einzigen Weltrekord ihrer Karriere erzielte.

Nach ihrem einzigen Landesrekord mit noch heute internationalerstklassigen 12,56 s im Vorfeld der Olympischen Spiele von Moskauund Olympia-Silber beendete Johanna Klier ihre Laufbahn. «Ausheutiger Sicht wohl etwas zu früh, doch ich wollte mich mehr um meineFamilie kümmern können», sagt sie. 1982 kam die zweite TochterFranziska hinzu. Beide versuchten sich in den sportlichen Spuren derMutter, ohne große Erfolge. Beide bewegen sich derzeit in den Spurenvon Vater Martin und studieren an der Ilmenauer TU.

Den Kontakt zum Sport hat Johanna Klier aber nie verloren.Zunächst etliche Jahre als Sportlehrerin an der PädagogischenHochschule Erfurt. Danach als Trainerin der Erfurter Triathleten -denen sie auch heute noch bei der Organisation hilft. Und jetzt alsMitarbeiterin der Thüringer Sportjugend, für die sie zur Zeit dasLandessportjugendtreffen zum Tag der Deutschen Einheit vorbereitet.