Leichtathletik Leichtathletik: Jule Aßmann verblüfft die Marathon-Welt
Hamburg/dpa. - Ihre herausragenden Leistungen haben Jule Aßmann ganz schnell zum «Wunderkind» und größten Talent der deutschen Leichtathletik aufsteigen ließen. Freunde freuen sich mit Jule, und die Experten kommen aus dem Staunen nicht heraus. Am 7. Mai feierte das lebensfrohe Mädchen aus Großhansdorf bei Hamburg ihren 13. Geburtstag auf besonders bewegende Art: Als Jüngste im Feld der rund 5000 Starter lief sie in Wien den Marathon in 3:10:16 Stunden.
«Der Marathonlauf soll für Jule eine Spaßveranstaltung bleiben», sagte Vater Holger Aßmann drei Tage später in der RTL-Sendung «stern tv». Der Sportlehrer trainiert seine Tochter fünf bis sechs Mal in der Woche eine Stunde, beschützt und berät sie, begleitet Jule auf allen Wegen. «Marathon soll Jule nur ein Mal im Jahr laufen. Sie muss auch noch ihre Grundschnelligkeit verbessern.» Holger Aßmann konnte seiner flinken Tochter nur bis Kilometer 30 folgen - dann musste er aufgeben. Der Familienausflug nach Wien war gezielt und geplant, denn in Deutschland dürfte selbst ein Jahrhundert-Talent wie Jule Aßmann erst mit 18 bei offiziellen Marathon-Wettkämpfen starten.
Mit acht Jahren wurde Jule bei einem 300-Meter-Bergrennen im Schwarzwald vom Lauf-Virus angesteckt - die «Glücksschuhe» von der Premiere stehen noch in ihrem Kinderzimmer. In 35 Rennen in ihrer Altersklasse ist sie unbesiegt, beim zweiten Marathon ihres Lebens waren nur 29 Frauen schneller als die «Lütte» von der LG Glinde. Laufen kann sie - aber auch kämpfen. «Bei 15 Kilometern hätte ich nicht gedacht, dass ich es ins Ziel schaffe», gibt das Marathon- Mädchen mit dem erfrischend kindlichen Lachen zu und grinst ihren Vater an: «Schade, dass Papa nicht mehr konnte.»
Auch über 5000 Meter (18:17 Minuten) und im Halbmarathon (1:39 Stunden) ist die Klassenbeste mit Lieblingsfach Sport («Deutsch ist langweilig») schon aufgetaucht, aber zum Leidwesen ihres Vaters noch in keiner Bestenliste. Die führt der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) erst für Sportler ab 14 Jahren. «Der Verband weiß mit Hochbegabten wie Jule nichts anzufangen», kritisierte «Der Spiegel» schon vor Jahresfrist.
Diesen Vorwurf will Bärbel Wöckel, Referatsleiterin Jugend im DLV, nicht auf sich sitzen lassen. «Wir suchen jedes Talent und haben deshalb ja auch die Kinder-Leichtathletik forciert. Aber man sollte Talente langsam aufbauen», meinte die frühere Sprinterin, die Jule Aßmann nicht persönlich kennt. «Es kann schon sein, dass sie das jetzt bis 18 oder 20 durchzieht. Aber es gibt auch das Risiko, dass sie die Lust verliert und sich später nicht mehr groß steigern kann.»