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Leichtathletik Leichtathletik: Holland trauert um die «fliegende Hausfrau»

26.01.2004, 20:31
Die Holländerin Francina «Fanny» Blankers-Koen (Nr. 692) - hier bei einem Ausscheidungslauf - wird am 04.08.1948 in 11,2 Sekunden Siegerin über 80 m Hürden bei den Olympischen Spielen von London. Weitere Goldmedaillen gewinnt die Holländerin in den Wettbewerben über 100 m und 200 m sowie im 4x-100-m-Staffellauf. Blankers-Koen ist am Sonntag (25.01.2004) im Alter von 85 Jahren gestorben. (Foto: dpa)
Die Holländerin Francina «Fanny» Blankers-Koen (Nr. 692) - hier bei einem Ausscheidungslauf - wird am 04.08.1948 in 11,2 Sekunden Siegerin über 80 m Hürden bei den Olympischen Spielen von London. Weitere Goldmedaillen gewinnt die Holländerin in den Wettbewerben über 100 m und 200 m sowie im 4x-100-m-Staffellauf. Blankers-Koen ist am Sonntag (25.01.2004) im Alter von 85 Jahren gestorben. (Foto: dpa) dpa

Den Haag/dpa. - In den Niederlanden trauert nicht nur der Sport um Fanny Blankers-Koen, die am Sonntag gestorbene Jahrhundert- Leichtathletin. Die 85 Jahre alt gewordene einstige Sprinterin und Springerin hatte bei den Olympischen Spielen 1948 in London vier Goldmedaillen erobert und war «eine unvergessliche Legende», wie sie «De Telegraaf» am Montag würdigte. Sie war »das Symbol der Nachkriegshoffnung», meinte das «Algemeen Dagblad». «Vier goldene Tage im August 1948» hatten «Licht in eine am Boden zerstörte Gesellschaft» gebracht, erinnerte «de Volkskrant» an die herausragende Bedeutung der Athletin.

Die Siegerin über 100 und 200 Meter, 80 m Hürden und in der Sprintstaffel bei der ersten Nachkriegsolympiade hatte in den Niederlanden eine Bedeutung wie die Fußball-Weltmeister von 1954 in Deutschland. Und wie bei den «Helden von Bern» war der 1999 zur Sportlerin des Jahrhunderts gekürten Athletin jedes Aufheben um die eigene Person zu viel. Sie blieb ihr Leben lang «einfach Fanny, die zufällig schnell laufen konnte».

Der einstige Judo-Weltstar Anton Geesink sah in ihr dagegen «wahrscheinlich die größte Sportsperson, die die Niederlande je hervorgebracht haben». Für sie selbst «war es völlig normal, was ich getan habe», betonte sie noch beim Festakt in Monte Carlo, als sie vor fünf Jahren zur Jahrhundertathletin gekürt wurde. Danach war es still um sie geworden. In einem Pflegeheim verbrachte sie zurückgezogen ihre letzten Jahre.

«Sie hat bewiesen, dass Sport nicht nur etwas für Männer ist», hob in einer Würdigung Staatssekretärin Clémence Ross-van Dorp den globalen Aspekt der Leistung der damals 30 Jahre alten Mutter von zwei Kindern hervor. Zwischen zwei Siegen in London hatte sie noch ihr Kind gestillt. Die «Königin mit den Beinen eines Mannes», wie eine Biografie über die Spitzensportlerin ohne Starallüren schrieb, blieb die Hausfrau von nebenan. Sie klopfte selbst den Teppich aus und sah im Strümpfe stopfen «auch eine ordentliche Tätigkeit».

Nach ihrem großen Triumph hatte Fanny Blankers-Koen von Nachbarn ein Fahrrad geschenkt bekommen, «damit sie nicht nur laufen muss». Später wurde sie von der Königin zum Ritter im Orden von Oranien- Nassau erhoben. Ob Königin, Ritter oder Hausfrau - für ihre Beerdigung an diesem Donnerstag hat sie sich laut «Telegraaf» eine solche Musik gewünscht, «damit alle Leute richtig heulen müssen».