Leichtathletik Leichtathletik: Carl «Charly» Kaufmann feiert seinen 70. Geburtstag

Karlsruhe/dpa. - Seine Liebe zum Sport verhalf Carl Kaufmann 1960bei den Olympischen Spielen in Rom zu zwei Silbermedaillen über 400Meter und 4 x 400 Meter. Doch sein Herz schlug immer auch für dieKunst, den Gesang und die Oper. «Wenn ich noch mal auf die Weltkomme, gehe ich nur noch auf die Bühne», sagt der hoch gewachseneMann. Seit fast 40 Jahren leitet er in Karlsruhe ein Kellertheater,am Samstag feiert er seinen 70. Geburtstag. Weil Kaufmann 1936 in NewYork geboren wurde, wird er noch heute oft «Charlie» genannt. Einegroße Party wird der vierfache Vater nicht geben, stattdessen hat erseine Familie zu einer Überraschungsreise eingeladen.
Der siebenfache deutsche Meister über 100, 200 und 400 Meter kamals junger Mensch eher zufällig zur Leichtathletik. Mit 17 Jahrenwurde er bei einem Schulsportfest entdeckt, weil er auf Anhieb derSchnellste war. «Damals wusste ich nicht einmal, was Spikes waren.»Ein Jahr später wurde Kaufmann deutscher Jugendmeister über 100Meter, 1956 gewann er den Aktiven-Titel über 200 Meter. Dabei schluger Heinz Fütterer, der 1954 Weltrekord über 100 Meter gelaufen warund heute nicht weit weg in Elchesheim-Illingen wohnt.
Über die 400 Meter wurde Kaufmann in Rom in 44,93 Sekunden Zweiterhinter Otis Davis (USA), der nur 2/100 Sekunden schneller war.Kaufmann hat die lange Sprintstrecke gemocht. «Als ich zum ersten Malgerannt bin, dachte ich, ich erleb`s nicht mehr. Aber ich habe michschnell daran gewöhnt, und es hat Spaß gemacht», erinnert sich derleidenschaftliche Briefmarken- und Münzensammler. Doch schon mit 28Jahren beendete er seine Karriere. «Ich hatte begonnen, künstlerischzu arbeiten, hatte Engagements als Operettensänger und wusste nicht,wann ich trainieren sollte. Von meinen Medaillen konnte ichschließlich keine Brötchen backen.»
Er liebte das Opern-Musical und die Operette. Zehn Jahre lang warer freiberuflich unterwegs, bis auch der Abschied von derGesangsbühne kam. «Ich hatte drei Söhne und bin ein bodenständigerMensch, ich konnte nicht ständig weiter in der Welt herumreisen.»Kaufmann, der mit seiner jetzigen Frau Sabine noch eine Tochter hat,ging in den Schuldienst. An einer Karlsruher Realschule unterrichteteer Sport, Religion, Natur und Technik - und formte sein geliebtesTheater zu einem Schmuckstück.
Sein Lebenswerk hat er «Die Käuze» genannt, weil es im KarlsruherStadtteil Waldstadt liegt. Er ist künstlerischer Leiter und trat invielen Stücken selbst auf, aber in erster Linie kümmert er sich umdie Inszenierungen. Pro Jahr werden acht Stücke aufgeführt. «Es istfaszinierend, seine Ideen zu verwirklichen und Teile zu einem Stückwerden zu lassen», schwärmt er. «Das Theater ist ein Äquivalentdafür, dass ich selber nicht mehr auf der Bühne stehe.»
Kaufmann ist davon überzeugt, dass das Leben als Sportler undKünstler etwas gemeinsam hat. «Man muss für beides etwas tun, sicheinsetzen.» Am Ende ist das Ergebnis wichtig. Und Ergebnisse hat CarlKaufmann viele vorzuweisen - nicht nur auf der Laufbahn.