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Kriminalität Kriminalität: Früherer hr-Sportchef Jürgen Emig sitzt jetzt in U-Haft

30.06.2005, 12:22
Der ehemalige Sportchef des Hessischen Rundfunks, Jürgen Emig (Archivfoto vom 21.04.1998), sitzt wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und des Betrugs hinter Gittern. (Foto: dpa)
Der ehemalige Sportchef des Hessischen Rundfunks, Jürgen Emig (Archivfoto vom 21.04.1998), sitzt wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und des Betrugs hinter Gittern. (Foto: dpa) dpa

Frankfurt/Main/dpa. - Ermittelt wird unter Leitung von Wolfgang Schaupensteiner, der den Ruf hat, Deutschlands Korruptionsjäger Nummer eins zu sein.

Die Vorwürfe gegen Emig - Bestechlichkeit und Betrug - haben sich laut Staatsanwaltschaft konkretisiert. So soll sich der grauhaarige Emig, für seine joviale Art und tief zerfurchte Stirn bekannt, zusammen mit seiner 42 Jahre alten Frau Atlanta Killinger und deren Marketing-Agentur in großem Stil bereichert haben.

Den Ermittlungen zufolge lief das so ab: Vor der Berichterstattung über kleinere Sportarten wie Triathlon oder Pferdesport, die mit ihren Veranstaltungen gerne ins Fernsehen kommen wollten, soll Emig den Organisatoren die Kooperation mit der Marketing-Agentur seiner 42-jährigen Frau zur Bedingung gemacht haben. Dritter im Bunde bei diesem Geschäftsmodell war laut Staatsanwaltschaft der 60-jährige Inhaber einer zweiten Marketing-Agentur. Insgesamt sollen innerhalb von vier Jahren rund 400 000 Euro an Schmiergeldern geflossen sein. Der 60-Jährige, dem gegen Auflagen Haftverschonung gewährt wurde,soll weitgehend geständig sein.

Generell war die Praxis, zur breiteren BerichterstattungSportsendungen von Vereinen finanziell «sponsern» zu lassen, beim hr und auch anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten üblich und zugleich umstritten. Der Landessportbund in Hessen kritisierte, dass dies eine «Zwei-Klassen-Gesellschaft» der Sportvereine schaffe. Anfang 2004 wurde Emig persönlich vorgeworfen, jahrelang Firmen in Sportsendungen wie etwa bei Eishockeyspielen platziert haben, die Kunden der Marketing-Agentur seiner Frau waren.

Im März 2004 kam der hr in einem internen Bericht zu dem Ergebnis, dass Emigs Frau nicht als Vermittlerin von Sponsoren für Sportsendungen aufgetreten sei. Für den Fall, dass die weitere Prüfung eine «sachfremde Beeinflussung der Sportberichterstattung» ergebe, kündigte hr-Intendant Helmut Reitze jedoch Konsequenzen an. Eine Woche später gab Emig - offensichtlich unter dem Druck der hr-Spitze - sein Amt als Sportchef nach über 16 Jahren ab.

Der endgültige Untersuchungsbericht wurde vom hr allerdings nieveröffentlicht. Dies sei bei internen Berichten auch so üblich, sagte hr-Sprecher Michael Dartsch am Donnerstag. Reitze ordnete damals zugleich «klare und nachvollziehbare Regelungen für dasSportsponsoring und sonstige Leistungsbestellungen» an.

Emig, der mehrere Preise für seine TV-Reportagen gewann, hatteeinst über «Barrieren eines investigativen Sportjournalismus»promoviert. In Frankfurt zeigte sich das nie öffentlichkeitsscheue Ehepaar Emig gerne in der Prominenten-Gesellschaft.

Nach seinem Rücktritt als Sportchef verschwand Emig vom Bildschirm und wurde vom hr für «besondere Aufgaben» - wie etwaProgrammaustausch und -koordination - eingesetzt. Am 1. Oktober soll Emig, Vater von zwei Kindern, beim hr in «passive Altersteilzeit» gehen.