Köthener Aktion Köthener Aktion: Kunstkuh weint nicht mehr
Dessau/MZ. - Er ist gut zwei Meter lang und 1,35 Meter hoch: der Prototyp der Kunstkuh. In jungfräulichem Weiß wurde die erste fertiggestellte Kuh am Mittwoch bei der Faserverstärkte Kunststoffe GmbH (FVK) in Dessau präsentiert. In der Produktionshalle des Unternehmens nahmen Hans-Martin Riemen, einer der Initiatoren der Köthener Kuhkunst-Aktion, und seine Mitstreiter am Vormittag das Tier in Augenschein - und unterzogen es mit freundlicher Ermunterung durch FVK-Geschäftsführer Dr. Klaus-Dieter Franze sogleich einem Härtetest. Vorsichtiges Klopfen zunächst, dann der Schlag mit der Faust, zuletzt sogar ein Hieb mit einer Eisenstange: die Kunstkuh hielt stand. Auch unter der Last einer (zugegeben schlanken) Firmenangestellten, die von Franze zu Beweiszwecken kurzerhand aufs Tier gehoben wurde.
"Wir wollten die Kühe nicht in der Schweiz herstellen lassen", erklärte Riemen die Auftragsvergabe an die FVK. Über die Dessauer Werbeagentur "media 2tausend", von der die Aktion betreut wird, habe man Kontakt zu dem Kunststoffhersteller gefunden. Das 1992 aus dem Waggonbau ausgegliederte Unternehmen, das sich verstärkt zunächst Flugzeugteilen, dann dem Bauwesen und inzwischen auch dem Schienenfahrzeugbau widmete, soll in den nächsten Wochen mindestens 50 Kunststoffkühe produzieren. Von Künstlern bemalt, sollen die Kühe später Köthener Straßen und Plätze bevölkern und die Stadt damit über die Kreisgrenzen hinaus ins Gespräch bringen. "Wir hoffen, dass es mehr werden", so Riemen. 34 Kühe seien bereits in Köthen verkauft, zehn Verträge sind bei "media 2tausend" unterschriftsreif. "Und es ist noch Potenzial vorhanden", ist Riemen sicher.
Bei dem Dessauer Unternehmen sieht man den neuen Job mit dem nötigen Ernst - jeder Auftrag ist wichtig -, aber auch mit einem Schuss Humor. "Das haben sich meine Kollegen nicht nehmen lassen", erklärte Franze lächelnd, warum die Kuh schon über ein grafisches Element verfügt: schwarze Pupillen. Am Tag zuvor habe das Tier sogar noch Tränen im Gesicht gehabt. Inzwischen hat es alles andere als ein Mitleid erregendes Aussehen, eigentlich sogar ein sehr sympathisches. Thema Sympathie: Auch bei durstigen Kehlen könnte sie eines Tages aufkommen. Er habe schon überlegt, ob man nicht Getränkeleitungen in die Kuh legen könnte, so dass aus den Zitzen Limo oder Bier fließt, sagte Franze und erging sich sogleich in technischen Fragen der Machbarkeit. Schließlich, so habe er gehört, wollen auch Gaststätten sich eine Kunstkuh zulegen.
Die, so wurde erklärt, wird aus 14 Einzelteilen zusammengesetzt. Einzelne Formen werden mit einer 3 bis 3,5 Millimeter dicken Glasfaserschicht ausgelegt und mit Polyesterharz bestrichen. Das Ganze muss dann 24 Stunden aushärten, ehe Beine, Kopf, Ohren, Schwanz und Euter an den Rumpf angefügt werden und alles noch einmal verspachtelt und geschliffen wird. 30 Kilo wiegt ein Tier am Ende, schätzte Franze. Im Vergleich zu einem etwa zwei Jahre alten lebenden Pendant also relativ leicht. Befestigt wird es später auf 250 bis 300 Kilo schweren Bodenplatten.