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Kopiergeschützte Musik-CDs Kopiergeschützte Musik-CDs: Streit um «Wiedergabeverhinderer»

04.03.2002, 10:10

Hamburg/dpa. - Seit rund einem halben Jahr kommen Musik-CDs auf den Markt, die sich nicht mehr kopieren lassen. Zum großen Ärger vieler Musikliebhaber laufen die Silberlinge aber zum Teil nicht einmal mehr auf allen CD-Spielern. Mit ihrem jüngsten Coup zum Schutz von Urheberrechten sorgt die Musikindustrie nicht nur unter ihren Kunden für Unmut. Auch in der Elektronikindustrie wächst leise Kritik. «Mit Besorgnis betrachten wir die derzeitigen Tendenzen, Technologien einzusetzen, die die Wiedergabefähigkeit von CDs limitieren», kommentiert etwa der niederländische Philips-Konzern.

«Es gibt jede Menge Hardware, die mit den Kopierschutzverfahren erhebliche Probleme haben», sagte ein Branchenexperte. Philips sorgt sich nicht nur um den eigenen Ruf, sondern sieht auch Eigentumsrechte verletzt. Gemeinsam mit Sony hatte der niederländische Konzern einstden Audio-CD-Standard eingeführt. «Wenn ich eine solche CD in dreivon vier für das Musikabspielen konzipierten Gerätetypen nicht hörenkann, dann ist dieses Produkt mangelhaft», sagt Edda Castello von derHamburger Verbraucherzentrale. «Durch den Einsatz dieser"Wiedergabeverhinderer" ergeben sich klare Nachteile für denKonsumenten sogar schon dann, wenn er Musik nur hören möchte und eineAufnahme noch nicht einmal in Betracht gezogen hat», stellt auchPhilips fest.

Panasonic hat nach eigenen Angaben bislang noch keine Probleme mitden neuen Kopierschutzverfahren festgestellt. Zum Schutz derUrheberrechte sei der Ansatz gut, durch Software-Techniken dasKopieren etwa auf CD-ROM-Laufwerken zu verhindern. Wenn die Musik-CDskünftig allerdings nicht mehr dem CD-Audio-Standard entsprechen,müssten sie im Prinzip vom Markt genommen werden, sagt LotharKerestedjan von Panasonic. «Da kann sich der Verbraucher auch vomGesetz her wehren.» Es sei aber auch Sache der Elektronik-Industrie,den Inhalte-Besitzern Sicherheiten zu bieten. «Der Inhalte-Schutz istbei der Entwicklung neuer Produkte unser Maßstab Nummer eins», sagteKerestedjan. Wenn immer mehr Geräte auf den Markt kommen, die dasungehinderte Vervielfältigen ermöglichen, stimuliere das auch dasRaubkopieren.

Die Musikindustrie beklagt seit Jahren Umsatzausfälle inMilliardenhöhe. Schuld an den rückläufigen Zahlen sollen vor allemdie wachsende Verbreitung von CD-Brennern und kostenlose Raubkopienim Internet sein. Nach einer jüngsten Studie des amerikanischenMusikindustrie-Verbandes RIAA haben 23 Prozent der Musikfans im Alterzwischen 12 und 54 Jahren im vergangenen Jahr nicht mehr CDs alszuvor gekauft, weil sie die meisten Lieder kopiert oder aus demInternet heruntergeladen haben. Mit einem Umsatzrückgang von 10,3Prozent im Jahr 2001 verzeichnete die Industrie nach Angaben der RIAAdas schlechteste Ergebnis seit einem Jahrzehnt.

«Wir stehen voll dahinter, dass die Musikindustrie ihreUrheberrechte schützen muss», sagte Hans-Joachim Kamp, Deutschland-Chef der Sparte Konsumenten-Elektronik bei Philips. «Es gibt aberkein Land, in dem so viele Urheberrechtsabgaben bezogen auf dasGesamtmarktvolumen von den Geräteherstellern bezahlt werden wie inDeutschland», hält Kamp dagegen. Der Abgabenanteil auf einzelneGeräte an die Inhalteanbieter hat sich in den vergangenen zehn Jahrenum das Vier- bis Fünffache erhöht.

In der zweiten Hälfte des letzten Jahres wurden nach Angaben desBundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft (Hamburg) mehr alssechs Millionen kopiergeschützte CDs ausgeliefert. In den USA undEuropa sind unterdessen über zehn Millionen Silberlinge allein mitdem Kopierschutz «Cactus Data Shield» des israelischen HerstellersMidbar Tech in den Handel gekommen. Experten wenden ein, dass vieleältere CD-Spieler schon ab einer Lebensdauer von zwei Jahren nichtmehr in der Lage sind, die geschützten Scheiben abzuspielen. Überdiessei damit das legitime Recht der Verbraucher beschnitten, für privateZwecke etwa im Auto eine Kopie seiner CD anzufertigen.