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Klitschko: Mission erfüllt aber Hand gebrochen

08.07.2007, 13:11

Köln/dpa. - Titel verteidigt, Albtraum besiegt - und das mit gebrochener Hand: Box-Weltmeister Wladimir Klitschko hat den Erfolg in der Neuauflage des WM-Duells gegen den Amerikaner Lamon Brewster in Köln mit einer schweren Verletzung bezahlt.

Seine hart wie ein Presslufthammer geschlagene linke Führhand, mit der er den Herausforderer nahezu im Alleingang zur Kapitulation unmittelbar vor der siebenten Runde zwang, hatte schon in der ersten Runde Schaden genommen. Noch in der Nacht wurde die Hand eingegipst.

«Ich werde mir drei bis vier Wochen Pause gönnen. Meine nächste Titelverteidigung ist aber nicht in Gefahr», sagte der Schwergewichts-Champion der International Boxing Federation (IBF) am Sonntagmorgen. Anders als Jamen Ali Bashir aus seinem Trainerteam wollte Klitschko das Missgeschick allerdings als Bagatelle abtun. Er sprach nur von einem leichten Haarriss in der Mittelhand.

Trotz der Verletzung überwog die Genugtuung. Drei Jahre und drei Monate nach dem Albtraum-K.o. gegen Brewster in Las Vegas ist Klitschko wieder mit sich im Reinen. «Vor drei Jahren hatte ich tiefe Kratzer auf meinem Image. Das hat wehgetan. Ich habe drei Jahre von diesem Kampf geträumt», gestand der 31 Jahre alte Champion aus der Ukraine.

Nach der Niederlage 2004 hatte Klitschko Sabotage gewittert, die amerikanische Bundespolizei FBI eingeschaltet und seine Gefolgsleute mit Lügendetektoren überprüfen lassen. Seither war sein Ruf arg ramponiert. Die Revanche ließ nun keine Fragen offen. Nach sechs Runden konnte Brewster-Trainer Buddy McGirt nicht mehr mitansehen, wie sein Schützling verprügelt wurde und beendete das einseitige Gefecht. «Buddy hat zu mir gesagt: 'Wenn du noch weitere Kämpfe machen willst, sollten wir jetzt aufhören'», berichtete der 34-jährige Brewster und sein Trainer ergänzte: «Wir wollten vermeiden, dass Lamon einen Knockout kassiert. Er hatte schon zu viele Schläge einstecken müssen. Wir wollten nicht sein Leben aufs Spiel setzen.»

Die 19 500 Zuschauer in der ausverkauften Kölnarena quittierten das plötzliche Ende zwar mit Pfiffen, feierten Klitschko aber als Helden. Seine Trefferquote mit dem linken Jab soll laut den zahlreich eingeflogenen Experten des amerikanischen Bezahlsenders HBO gar Rekord bedeuten. Auch «Gentleman» Henry Maske war angetan: «Wladimir hat in seiner Entwicklung einen Sprung gemacht. Wir werden noch viel Freude an ihm haben.» Wladimir Klitschkos älterer Bruder Vitali meinte erleichtert: «Heute hat er gezeigt, was er kann. Das war nicht Boxen, das war Schach. In Amerika ist er jetzt wieder anerkannt.»

Triumphierend präsentierte der jüngere Klitschko eine Visitenkarte von Brewster, die ihm dieser nach dem ersten Kampf 2004 durch seinen Manager überreichen ließ. Die Geste hatte der Zwei-Meter-Hüne, der in jenem Kampf einen mysteriösen Kräfteeinbruch erlebte und in Runde fünf durch Knockout verlor, als tiefe Demütigung aufgefasst. «Die Karte habe ich drei Jahre in meinem Portemonnaie aufbewahrt. Nach dem Kampf heute bin ich zu ihm in die Kabine und habe sie von ihm unterschreiben lassen.» Für Klitschko heißt die Signierung: Mission erfüllt. Brewster meinte kleinlaut: «Ich Moment kann ich niemanden sehen, der Wladimir schlagen kann. Ich dachte eigentlich, ich wäre der Einzige auf der Welt, der das schaffen kann.»

Der strahlende Klitschko hatte noch reichlich Luft, um seinem Trainer Emanuel Steward wenige Minuten nach Mitternacht ein «Happy Birthday»-Ständchen zu seinem 63. Geburtstag zu singen. Der Amerikaner war mit dem Präsent seines Schützlings zufrieden. «Das war ein sehr intelligenter Kampf von Wladimir», sagte der Jubilar, der sich auf weitere Zahltage freuen darf. «Ich glaube, ich steige jetzt in meine beste Zeit ein», verkündete Klitschko. «Ich bin noch nicht dort angekommen, wo ich sein will.»

Als nächstes strebt der promovierte Sportwissenschaftler ein Duell mit einem anderen Weltmeister an. Deshalb ist es ihm recht, dass sich WBA-Champion Ruslan Tschagajew (Usbekistan) und WBO-Weltmeister Sultan Ibragimow (Russland) im Oktober gegenseitig eliminieren. «Ich hoffe, dass ich gegen den Sieger antreten kann. Dann wird die Schwergewichtsszene bereinigt», meinte Klitschko und bekannte: «Ich möchte so viele Titel wie einst Lennox Lewis haben.» Der Brite besaß drei Gürtel der großen Verbände (WBC, IBF, WBO). Allerdings will Lewis, der als Co-Kommentator für HBO am Ring saß, Klitschko noch nicht als ebenbürtig akzeptieren. «Er ist eine Macht im Schwergewicht. Aber er hat noch nicht den Gegner gehabt, der alles aus ihm herausholt.»