Karlheinz Stockhausen Karlheinz Stockhausen: Opfer einer falschen Medienberichterstattung

Hamburg/dpa. - bdt0698 3 ku 375 dpa 0585Der Komponist Karlheinz Stockhausen sieht sichals Opfer einer falschen Medienberichterstattung. «Ich bin genausoentsetzt wie alle über die Attentate in Amerika», schrieb der 73-Jährige in einer am Mittwoch der dpa übermittelten persönlichenErklärung. Stockhausen, einer der bedeutendsten deutschenKomponisten der Gegenwart, bezog sich auf Berichte, denen zufolge erdie Terroranschläge in den USA als «das größte Kunstwerk» bezeichnethaben soll.
«Der Hamburger Journalist in Hamburg hat meine Äußerungen aus demZusammenhang gerissen, ganz unvollständig aufgenommen und alsgemeinen Angriff gegen mich und das Hamburger Musikfest genutzt»,meinte Stockhausen. Er, Stockhausen, habe auf Journalistenfragen amSonntagabend in Hamburg gesagt, solch eine Terror-Planung «erschienewie das größte Kunstwerk Luzifers». Er habe damit selbstverständlichdas Zerstörungswerk Luzifers gemeint. In der biblischenÜberlieferung ist Luzifer ein gefallener Engel, der mit dem Satanund dem Bösen schlechthin gleich gesetzt wird. Stockhausen war nacheigenen Angaben gefragt worden, ob die biblischen Gestalten Michael(Erzengel), Eva (Menschheitsmutter/Sündenfall) und Luziferhistorische Figuren der Vergangenheit seien. Er habe geantwortet,«dass sie jetzt existieren, zum Beispiel Luzifer in New York».
Noch während des Pressegesprächs anlässlich seines Auftritts beimMusikfest Hamburg hatte der Komponist seine Äußerungenzurückgenommen und darum gebeten, sie nicht zu verwenden. Auf Bittender Kulturbehörde und des Hauptsponsors «Zeit»-Stiftung sagte dieMusikfest GmbH am Dienstag zwei Konzertabende mit Stockhausenersatzlos ab. Hamburgs Kultursenatorin Christina Weiss bedauerte dieAbsage am Dienstag, bezeichnete sie jedoch als unvermeidlich.Stockhausen habe in einem größeren Zusammenhang gesprochen und ausseinem ganz eigenen ästhetischen Verständnis heraus. Das lasse sichjedoch nicht vermitteln.
Der bedeutende Musiker sollte beim Hamburger Musikfest (15.-22.September) am Dienstag und Mittwoch eigene Werke, unter anderem«FREITAG» aus seinem siebenteiligen «LICHT»-Zyklus, dirigieren. Indem 1977 begonnenen Zyklus, einer gigantomanischenSchöpfungsgeschichte in sieben Tagen, sucht Stockhausen den Kampfzwischen den Elementarmächten Gut und Böse, Zerstörung und Erlösung,Liebe und Hass am allegorischen Beispiel der Menschheits-Mutter Eva,Luzifers und des Erzengels Michael darzustellen.
Der österreichische Komponist György Ligeti hatte inzwischenStockhausen vorgeworfen, «sich auf die Seite der Terroristengestellt» zu haben. «Wenn er diesen niederträchtigen Massenmord alsKunstwerk auffasst, muss ich leider sagen, gehört er in einepsychiatrische Klinik gesperrt», sagte der in Ungarn geborene Ligetider «Financial Times Deutschland».