"Jugend und Kunst" "Jugend und Kunst": Das kurze Leben der Felice Schragenheim
Aschersleben/MZ. - Vor dem wahrscheinlichen Tod der Nichte Lion Feuchtwangers auf dem Todesmarsch nach Bergen-Belsen Anfang 1945 liegt ein kurzes Leben. Die Jüdin Felice Schragenheim, die am 9.März 1922 in Berlin geboren wurde, hatte eine behütete Kindheit, ihre Eltern starben früh, nach den nationalsozialistischen Rassegesetzen wurde sie zunehmend ausgegrenzt, nach der "Reichskristallnacht" musste sie ihre Ausbildung jäh abbrechen, sie war zur Zwangsarbeit in einer Flaschenfabrik verpflichtet, wartete endlos auf das rettende Visum, lebte nach der Deportation der Großmutter im Berliner Untergrund und lernte schließlich die "Arierin" Lilli Wust kennen, mit der sie eine Liebesbeziehung verbindet.
1944 wird sie von der Gestapo abgeholt, nach Theresienstadt deportiert, danach nach Groß-Rosen und Bergen-Belsen. Zu Hause wartet Lilli vergebens. Die Liebesgeschichte der beiden lesbischen Frauen während des Dritten Reiches ist von Erica Fischer und Christel Becker-Rau in dem Roman "Aimèe & Jaguar" festgehalten worden. Dieses kurze Leben der Felice Schragenheim erzählt eine Ausstellung in Texten, Dokumenten, Fotos, Berichten und Gedichten, die vom 29. Mai bis zum 22. Juni im Bestehornhaus der Kreisstadt gezeigt wird. Lilli Wust hat viele Dokumente aufbewahrt: Schulzeugnisse, Visumanträge, Bescheinigungen, Ausweise, viele Fotos, Postkarten und Briefe aus den Lagern. Die Ausstellung war 1995 auf der "didacta 95 international" erstmals gezeigt worden. Inzwischen hat sie 47-mal in Städten der Bundesrepublik Station gemacht und wurde von fast 50 000 Besuchern gesehen.
Die Ausstellung in Aschersleben - Schirmherrin ist Sachsen-Anhalts Sozialministerin Gerlinde Kuppe - ist in ein umfangreiches Programm eingebaut, so dass das Thema mit Lesungen, Vorträgen und künstlerischen Darbietungen im Rahmen des Landkreis-Projektes "Jugend Kunst" vertieft werden soll. Lebenswege jüdischer Frauen im 19. und 20. Jahrhundert wird Jutta Dick von der Moses- Mendelssohn- Akademie Halberstadt am 29. Mai ab 17 Uhr vorstellen. Am 7. Juni berichtet Dr. Ute Hoffmann von der Gedenkstätte für Opfer der NS-Euthanasie ab 17 Uhr über Verfolgung, Widerstand und Alltagsleben der Frauen im Dritten Reich. Zum Thema "Verfolgung von Menschen im Dritten Reich - Juden - gleichgeschlechtliche Liebe" diskutieren am 11. Juni ab 18 Uhr Gabriele Gysi, Köln, Isolde Hoffmann, Magdeburg, und Dr. Ute Hoffmann, Bernburg, mit weiteren Gästen. Das "Judentum als Weltreligion" wird Pröpstin i. R. Dorothee Mücksch am 18. Juni ab 18 Uhr vorstellen und am 8. Juni gestaltet das Ensemble Theatrum Schloss Hohenerxleben einen Liederabend unter dem Motto "Mir lebn ejbig".
Für Gruppen können Führungen durch die Ausstellung, Gespräche über die Ausstellung, die Aufführung des Films "Aimèe & Jaguar" und Buchlesungen vorbestellt werden. Verbindliche Anmeldungen nimmt die Kreisvolkshochschule, Magdeburger Straße, Aschersleben, Tel. 03473/ 92030, entgegen.