Jugend-Pleinair Jugend-Pleinair: Wo Kinder kreativ kleckern können
Köthen/MZ. - Seine ganze Aufmerksamkeit widmet der kleine Julian dem Gasbetonklotz, der da vor ihm liegt. Konzentriert wandern die Augen des Achtjährigen über die werdende Skulptur. Hier und da setzt er einen Schlag mit Hammer und Eisen an. "Einen Hund" will er machen, und dass sieht man dem kleiner werdenden Gasbeton erstaunlich gut an. Bei schwierigen Schlägen wird von Holger Weißgerber schon mal nachgeholfen. Er sagt den verstaubten Kindern auch, ob sie besser mit Zahn- oder Stoßeisen arbeiten.
Der Bildhauer aus Halle unterstützt seit zwei Wochen Kindergarten- und Hortgruppen bei der Gestaltung von Figuren aus Gasbeton. Neben ihm haben weitere Künstler beim zweiten "Künstlerisch-Kreativen Kinder-Jugend-Pleinair" in der Lutzeklinik mitgeholfen. So konnte dem künstlerisch interessierten Nachwuchs täglich zwischen 8 und 13 Uhr ein breites Angebot präsentiert werden. Organisiert wurde die Veranstaltung vom "Kreativhaus" und Joachim Juschka. Das Land Sachsen-Anhalt und der Landkreis Köthen unterstützte die Aktion finanziell, denn die Künstler und das Material hätten nicht von den fünf Mark, die pro Kind eingenommen wurden, bezahlt werden können.
Im Atelier von Simone Schwarz-Finze durften die Kinder mal so richtig mit Farbe rumkleckern. "Das freie Arbeiten und Experimentieren ist im Hort leider nicht möglich", beklagt sich die Künstlerin. Man müsse Kindern mehr Freiheiten lassen und den Kunstunterricht nicht so geradlinig gestalten, denkt sie. Daher ist die 41-Jährige, die seit einem Jahr ein Atelier in der Lutzeklinik nutzt, froh, den Kindern den freien Umgang mit Farben zu ermöglichen. Wie frei dieser Umgang ist, hat sicherlich schon die eine oder andere Mutter erfahren können, nachdem ihr Kind begeistert wieder zu Hause erschienen ist. Auch bei Julia Wagner wurde in den vergangenen 14 Tagen gemalt. In ihrem Atelier konnte man Fahnen gestalten. " Mir macht es Spaß, mit den Kindern zu arbeiten und ihre Kreativität anzuregen", erzählt sie. Einer ihrer "Schützlinge", der sechsjährige Lukas, trägt gerade seine Kreation zum Trocknen auf die Wiese. Danach wird ihm Julia das Tuch noch an einem Holzstab befestigen, damit er auch ordentlich wedeln kann.
Die Flagge - viele bunte Punkte auf dunklem Hintergrund - möchte er seinen Eltern schenken. Für welches Land die Fahne gedacht sei, konnte er allerdings nicht sagen. Fahnenflüchtlinge konnten ihrer Fantasie auch beim Basteln mit Ton, Holz und Federn freien Lauf lassen, so wie die sechsjährige Jessika, die ihrer Figur sogar einen passenden Namen gab: "Mister Langbein soll sie heißen". An sieben Kursen konnten die Kleinen jeden Tag teilnehmen. Im Juni des nächsten Jahres möchte das "Kreativhaus" die Werke der Kinder der Öffentlichkeit präsentieren. Die Ausstellung soll gleichzeitig für das dritte "Pleinair" werben, das für Juli 2002 geplant ist. Was nicht heißt, dass die Veranstaltung nicht gut besucht wurde und Werbung unbedingt nötig ist.
Für die Fördermittel brauche man jedoch die Sicherheit, dass etwa 30 Kinder pro Tag kommen, erklärt Joachim Juschka. Dieses Jahr waren es insgesamt über dreihundert, die in ihren Ferien einen aufregenden Tag in den Räumen der Lutzeklinik verbrachten. Damit war jeder Kurs ordentlich ausgelastet. Julian ist inzwischen fertig geworden. Stolz präsentiert er seinen Hund, an dem er so lange gearbeitet hat. Jetzt wird er ihn mit nach Hause nehmen. Nicht etwa seinen Eltern wird er die Figur schenken - sein Hund soll sie bekommen. Aber weil dieser im Flur haust, können auch Vati und Mutti die Figur bestaunen.