Jugend musiziert Jugend musiziert: Probenzeit in klösterlicher Ruhe
Dessau/MZ. - Das Kloster Michaelstein im Harz kennen ein paar der Dessauer Musikschüler inzwischen wie ihre Westentasche. Ein bisschen sind ihnen die historischen Gemäuder des Musikinstitutes für Aufführungspraxis bei Blankenburg in den letzten Monaten fast zur zweiten Heimat geworden. Hier fanden sie an mehreren Wochenenden genau das, was sie brauchten, um in den nächsten Tagen in Bestform zu sein: klösterliche Ruhe und ideale Bedingungen um an den Musikstücken zu feilen, mit denen sie über Pfingsten auf die Reise nach Hamburg gehen.
27 Schüler der Dessauer Musikschule erspielten sich Ende März beim Landeswettbewerb "Jugend musiziert" eine Weiterleitung zum Bundesvergleich. Damit schickt Dessau die meisten jungen Musiker des Landes in die Hansestadt. Und aus der Muldestadt kommen die einzigen Teilnehmer Sachsen-Anhalts, die sich der Kategorie Alte Musik widmen: drei Ensembles treten dort an. Diese waren es auch, die Himmelfahrt noch einmal die Abgeschiedenheit Michaelsteins suchten, um sich, die Stimmen und die Instrumente intensiv auf den Wettbewerb einzustimmen. Das monatelange Mühen mit den Noten verdanken die jungen Musiker letztlich einer Person, die mit ihrem Engagement schon so manches Mal verblüffte. "Die eigentliche Idee, sich mit der Alten Musik zu beschäftigen, stammt von Frau Kaiser", stellt denn auch der Orchesterchef der Musikschule, Friedemann Neef, klar. Neef selbst hatte eine Teilnahme der Dessauer Musikschule in der Kategorie Alte Musik schon früh abgehakt.
"Anfangs dachte ich, dass man so etwas kaum hinbekommt. Die meisten der Schüler waren schon in anderen Ensembles dabei oder solistisch involviert", erzählt er. Nicht gerechnet hatte Neef allerdings mit der Hartnäckigkeit seiner Kollegin, der Gesanglehrerin Marianne Kaiser. Zwei Sängerinnen und einen Sänger ihrer Klasse konnte die Lehrerin sofort begeistern. Schnell stand die Literatur fest. Jetzt fehlten nur noch Instrumentalisten. Und an dieser Stelle kam Friedemann Neef ins Spiel. Streicher, Querflöten und Cembalisten sollten die Ensembles rund um die drei Vokalisten komplett machen, und man fand sie schließlich. Sogar ein viertes Streicherensemble begeisterte sich noch für die Alte Musik. Marianne Kaiser nahm derweil alles, was sie an Büchern und Materialien fand, mit in den Urlaub nach Korfu und schaffte es, die ganze Reisegruppe mit Alter Musik zu beschäftigen.
"Ich glaube, ich habe die ziemlich genervt", lacht sie heute. Bei einer ersten Zusammenkunft in Michaelstein kam dann aber bald der Ernst hinzu. Schnell erkannten die Mädchen und Jungen - drei Musiker des Telemann-Orchesters betreuten sie - wie schön aber auch schwer Alte Musik sein kann. "Ich habe dort meine ersten Kadenzen gesungen", erzählt Tenor Andreas Flohr, dem seine Lehrerin Kaiser nachsagt, dass er die jungen Streicherinnen magisch in sein Ensemble zog. Jetzt, kurz vor dem Bundeswettbewerb, ist Flohr froh, sich auf das anfängliche Wagnis eingelassen zu haben. "Es hat sich mehr als bezahlt gemacht, ich habe auch musikgeschichtlich gewonnen", sagt der junge Mann, der sich sogar zur Weißenfelser Schütz-Gedenkstätte aufmachte, um der Alten Musik nachzuspüren.
Ähnlich sieht es auch seine Mitschülerin, die Geigerin Yvonne Rintelmann, die in Hamburg im Streicherensemble mit Cembalo antritt. Sie fühlt sich gut gerüstet für den Bundeswettbewerb, denn "andere kochen auch nur mit Wasser". Eine gesunde Anspannung sei gut, und die hätte ein jeder der Musikschüler. Überhaupt, so sind sich alle einig, stehe der Wettbewerb doch gar nicht so im Mittelpunkt. "Der Weg dorthin war das Wichtigste, wir haben alle dabei das meiste gelernt", meint Marianne Kaiser. Deshalb soll der Bundeswettbewerb für die Ensembles auch längst kein Endpunkt sein. Vielleicht geht es jetzt erst so richtig los mit der Alten Musik an der Dessauer Musikschule. Ideen von einem Barockorchester mit Schülern der Musikschulen des Landes schwirren durch den Raum. Hoffentlich beste Ergebnisse in Hamburg werden diese nur bekräftigen.